Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 20. Sitzung / Seite 71

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(Abg. Mentil: Sie haben keine Ahnung! – Abg. Ing. Reichhold: Sie arbeiten mit Halbwahrheiten!) Da frage ich mich: Wie wollen Sie die steuerfinanzierte Wohlfahrt mit Ihrer Forderung nach Senkung des Höchststeuersatzes auf maximal 38 Prozent in Einklang bringen? Wie soll sich denn diese Rechnung ausgehen, wenn Sie darüber hinaus noch eine Steuerbegünstigung für Haushaltsbeihilfen und einen Steuerfreibetrag für Lehrlingsausbildung fordern und außerdem verlangen, daß insgesamt die Steuern gesenkt werden sollen? – Das ist eine Quadratur des Kreises, das kann sich nicht ausgehen. Da wird getäuscht, da wird mit falschen Karten gespielt, da wird kein wahres Bild gezeichnet. (Beifall bei der SPÖ. – Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte noch eine zweite Vorstellung aus Ihrem Arbeitsprogramm aufgreifen. Sie schreiben darin – und das können Sie nicht bestreiten –, daß Sie für einen freien Wettbewerb im Gesundheitswesen eintreten. Haben Sie sich eigentlich schon überlegt, was "Marktmechanismus" im Gesundheitswesen konkret bedeutet? – Das ist menschenverachtend, denn der Markt nimmt keine Rücksicht auf die Schwächeren, nimmt keine Rücksicht auf jene Menschen, die der Solidarität der Gesellschaft bedürfen. Wenn Sie im Gesundheitswesen dem Markt freien Lauf lassen, bleiben die Schwächsten auf der Strecke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn Sie verlangen, daß Versicherungspflicht vor Pflichtversicherung geht, dann schlagen Sie den Weg in diese Entwicklung ein, und das ist eine Entwicklung, die wir unter keinen Umständen akzeptieren werden, denn das bedeutet, daß Risken gegenseitig zugeschoben werden, daß Starke gegen Schwache ausgespielt werden, daß jene Menschen, die besondere Unterstützung brauchen – zum Beispiel Familien, Kinder, Angehörige, die besonders krankheitsanfällig sind –, keine Chance haben, dieselbe qualitätsmäßige Betreuung durch das Gesundheitswesen zu erfahren wie alle anderen. Das ist kein Konzept, dem wir unsere Zustimmung je geben würden! (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich auch ein paar Worte zu Ihrer Überlegung der Zusammenlegung der 28 Sozialversicherungsträger sagen. Weil Sie vorhin die Frau Ministerin Krammer angesprochen haben: In unserer Partei hat Meinungsvielfalt einen Stellenwert, wir lassen natürlich unterschiedliche Meinungen zu – etwas, was bei Ihnen ganz selten anzutreffen ist, wenn es überhaupt vorkommt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Reichhold: In der Frage der EU gibt es bei uns Befürworter und Gegner!)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich frage mich: Wie viele Arbeitsplätze werden geschaffen oder gesichert, wenn 28 Sozialversicherungsträger zusammengelegt werden sollen? – Ich sehe da keinen Effekt. (Abg. Mag. Schweitzer: Sie sollten sich fragen, wieviel Geld eingespart wird! – Abg. Dr. Haider: Fragen Sie Ihre Genossin Krammer! – Abg. Ing. Reichhold: Krammer wird nicht mehr lange Ministerin sein!)

Herr Dr. Haider! Unser Sozialversicherungssystem hat international einen ganz hohen Stellenwert. Unser System besteht jeden Vergleich mit anderen. Im Gegenteil: Es ist ein besseres System. (Abg. Dr. Haider: Das ist ein Unsinn, was die Frau Krammer gesagt hat!)

In Österreich leisten 28 Sozialversicherungsträger das, was in Belgien zum Beispiel 1 754 Anstalten machen, in Deutschland 1 170, in der Schweiz etwa 300. Außerdem gibt es in Österreich noch über 60 Privatversicherungsunternehmen, die gleichermaßen Leistungen anbieten. (Abg. Dr. Haider: In Österreich sind die Gebietskrankenkassen pleite! 3 Milliarden Schilling! Ein Unternehmen müßte den Konkurs anmelden!)

Herr Kollege Dr. Haider! Das Niveau der Gesundheitsleistungen, das wir in Österreich über die gesetzliche Sozialversicherung, über die Krankenversicherung anbieten können, ist ein hohes, und wir werden den Sozialminister bei seiner Aufgabe unterstützen, dafür Sorge zu tragen, daß das Krankengeld weiterhin bezahlt wird, und zwar nicht 26 Wochen, wie es jetzt vom Gesetz vorgesehen ist, sondern mindestens 52 Wochen. Daß dieses Limit erhöht wird, dafür werden wir Sorge tragen, und Sie werden uns daran nicht hindern können! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Reichhold: Wie wollen Sie das 3-Milliarden-Schilling-Loch stopfen?)


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