Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 20. Sitzung / Seite 155

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scheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 16. September 1988, samt Protokollen und Erklärungen sowie Erklärung der Republik Österreich (88 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir gelangen nunmehr zum 3. Punkt der Tagesordnung: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (34 der Beilagen): Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen samt Protokollen und Erklärungen sowie Erklärung der Republik Österreich (88 der Beilagen).

Berichterstatterin ist Frau Abgeordnete Rosemarie Bauer. Ich bitte sie, die Debatte zu eröffnen.

Berichterstatterin Rosemarie Bauer: Herr Präsident! Ich erstatte den Bericht zum Tagesordnungspunkt 3.

Der Justizausschuß hat die Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 27. März 1996 in Verhandlung genommen und stellt als Ergebnis seiner Verhandlungen den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

1. Der Abschluß des Staatsvertrages: Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 16. September 1988, samt Protokollen und Erklärungen sowie Erklärung der Republik Österreich (34 der Beilagen) wird genehmigt.

2. Gemäß Artikel 49 Abs. 2 B-VG hat die Kundmachung dieses Vertragswerkes in dänischer, englischer, finnischer, französischer, griechischer, irischer, isländischer, italienischer, niederländischer, norwegischer, portugiesischer, schwedischer und spanischer Sprache durch Auflage im Bundesministerium für Justiz zu erfolgen.

Herr Präsident! Für den Fall, daß Wortmeldungen vorliegen, bitte ich, die Debatte fortzusetzen.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich danke der Frau Berichterstatterin für ihre Ausführungen.

Es liegt eine Wortmeldung vor. Frau Abgeordnete Wurm hat sich zu Wort gemeldet. – Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort. Maximale Redezeit: noch 16 Minuten.

19.56

Abgeordnete Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Am 16. September 1988 wurde in Lugano zwischen den Mitgliedstaaten der EU und der EFTA das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, kurz Lugano-Übereinkommen, abgeschlossen. Es stimmt in Aufbau und Inhalt weitestgehend mit dem 1968 geschlossenen Europäischen Gerichts- und Vollstreckungsübereinkommen, kurz Brüsseler Übereinkommen, überein und wird deshalb auch als Parallelübereinkommen bezeichnet.

Das Lugano-Übereinkommen ist derzeit bereits zwischen 14 europäischen Staaten in Kraft. Im folgenden gebe ich eine grobe Übersicht über die Grundregeln dieses Übereinkommens.

Das Lugano-Übereinkommen wird nicht nur die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen, sondern auch die internationale Zuständigkeit der Vertragsstaaten regeln. Man spricht insofern von einer direkten Kompetenz im Unterschied von der in bisherigen bilateralen Vollstreckungsabkommen üblichen indirekten Kompetenz, die als bloße Beurteilungsregel erst im Stadium der Anerkennung und Vollstreckung im Zweitstaat zu beachten ist. Das Lugano-Übereinkommen ist daher bereits im Erkenntnisverfahren anzuwenden und ersetzt innerhalb seines Anwendungsbereiches die nationale Zuständigkeit, also die Jurisdiktionsnorm, als auch bilaterale Vollstreckungsabkommen, soweit diese nicht einen speziellen weiteren Anwendungsbereich haben.

Der sachliche Anwendungsbereich des LGVÜ umfaßt nach seinem Artikel 1 Abs. 1 ohne Rücksicht auf die Art der Gerichtsbarkeit – also egal, ob Handels- oder Arbeitsgerichtsbarkeit,


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