Die Strukturprobleme sind es, die letztlich aufgezeigt werden, wenn wir so etwas erleben wie die relativ hohe Arbeitslosigkeit. Und wenn man sich bewußt macht, daß wir – ich rede jetzt nicht für die Regierung, sondern ich nenne einfach Zahlen – zwischen 1993 und 1994 die Anzahl der Beschäftigten in Österreich von 3 054 000 auf 3 070 000 angehoben haben, also in der Wirtschaft ein Nettozuwachs von ungefähr 16 000 Arbeitsplätzen erzielt wurde, dann muß man sich dazu vergegenwärtigen, daß gleichzeitig die Quote der beschäftigten Ausländer von 277 000 auf 291 000 gestiegen ist, also um rund 14 000. Das bedeutet: Das, was wir an neuen Arbeitsplätzen hinzugewonnen haben, war strukturell offenbar etwas, was hauptsächlich von Ausländern nachgefragt wird.
Wir sollten darüber diskutieren, ob wir nicht dieses Strukturproblem einmal angehen müßten. Aber das ist nicht den Menschen vorzuwerfen, die diese Arbeit aufgreifen. Denn wenn wir hauptsächlich Arbeitsplätze zustande gebracht haben, die überwiegend von Ausländern nachgefragt werden, dann ist das kein Grund, Ausländer nicht hereinzulassen, sondern es ist darüber nachzudenken, wie wir erreichen können, daß es auch dort zu einer dynamischen Entwicklung kommt, wo hochwertigere Arbeitsplätze nachgefragt werden. Die werden – nehmt alles nur in allem – sicher nicht in diesem Ausmaß von den Ausländern nachgefragt werden, denn die haben sehr viele Hindernisse zu überwinden, wenn sie in den österreichischen Arbeitsmarkt wollen. Und das gehört einmal auf den Tisch! (Beifall beim Liberalen Forum.)
Daher noch einmal zur Frage der Familienzusammenführung – ohne daß ich mich im einzelnen mit dem beschäftige, was erst auf uns zukommt, denn das Integrationspaket ist erst eine Ankündigung, die Details sind aus unserer Sicht noch nicht wirklich durchgearbeitet. Sie kommen auf uns zu, die Gespräche laufen erst. Es zeigen sich erst die Konturen. Ich sage noch einmal: Wir stehen dem sehr kritisch gegenüber, insbesondere was die Asylflanke anlangt – ich erwähne das nur –, aber dort wird man solche Aspekt mit einbringen müssen. Man wird weiterhin nachhaltig verlangen müssen, daß die Ausländerrechte voll harmonisiert werden, weil wir es uns nicht leisten können, den Aufenthalt so zu regeln und die Beschäftigung so und hier eine Schere aufzumachen.
In diesem Sinne ist es mir wirklich wichtig, Sie daran zu erinnern – auch beide Herren Bundesminister; wenn sie heute schon beide zu dieser Anfrage hier sitzen, gibt mir das eine gewisse Hoffnung; vielleicht sehen sie, daß es sinnlos ist, dieses Thema zwischen ihren beiden Häusern hin- und herzuschieben –: Es muß zu einer vereinheitlichten Regelung kommen – so oder so! Denn wenn sie wenigstens vereinheitlicht wäre, wäre schon ein ganz, ganz großer Schritt nach vorne gemacht. Das heißt immer noch nicht, daß wir so eine Regelung dann loben würden – vielleicht gefällt sie uns nicht –, aber wenn sie einmal einheitlich wäre, wäre man um einen Schritt weiter.
Dann wäre vielleicht auch das Angstpotential nicht so groß, denn hier lebende Menschen, die hier sein dürfen, aber hier nicht arbeiten dürfen, sind tatsächlich eine Provokation – in mehrfacher Hinsicht. Sie sind eine Provokation, weil wir sie unmenschlich behandeln, und sie sind, weil sie zwangsweise arbeitslos sind, Menschen, die eben nicht arbeiten und als solche erlebt werden und sich daher gut eignen, die Suppe der Vorurteils darauf zu kochen.
In diesem Sinne richte ich mein dringendes Ersuchen an die beiden Bundesminister: Wenn Sie heute schon sehr symbolisch gleichzeitig anwesend sind, lösen Sie das Problem auch gemeinsam! Eine Bundesregierung ist ein Kollegialorgan. Sie faßt ihre Beschlüsse einstimmig. Niemand hindert Sie daran, eine gemeinsame Regierungsvorlage zu diesem Thema vorzulegen. Verlassen Sie die engen Felder der reinen Zuordnungen nach dem Bundesministeriengesetz! Machen Sie eine gesamthafte Ausländerpolitik! Wir werden Sie kritisch begleiten, wir werden Sie kritisieren, aber wir würden eine gemeinsame Lösung sehr begrüßen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)
17.49
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Sie hat das Wort.