Die traurige Zahl von mehr als 5 000 Insolvenzen im vorigen Jahr ist für mich Anlaß genug, mich zu fragen, warum Herr Stummvoll als Wirtschaftsfachmann hier heute bei seiner Rede zur Dringlichen darauf vergessen hat, das wirtschaftsfeindliche Klima für Betriebsansiedelungen zu erwähnen. In seinen Standardreden erwähnt er ja immer, daß nur die Wirtschaft und die Unternehmer Arbeitsplätze schaffen, aber nicht die Bundesregierung. Ich möchte es daher mit in die Diskussion bringen, denn die entsprechenden Studien der OECD lassen einen auch nachdenklich werden. 143 000 Arbeitgeber, neue Firmengründungen, bräuchte Österreich, um beim jetzigen Stand auf den OECD-Schnitt zu kommen. Da ist die Bundesregierung deutlich gefordert. Die Rahmenbedingungen für Firmenneugründungen und damit für neue Arbeitsplätze zu schaffen, das wäre eine Aufgabe der Bundesregierung im klassischen Sinn. Die Bundesregierung kann vielleicht wenig Arbeitsplätze schaffen – außer im staatlichen Bereich –, aber sie kann mit Sicherheit eines tun: Sie kann in Österreich Rahmenbedingungen für ein wirtschaftsfreundliches Klima schaffen und somit die Voraussetzungen für mehr Unternehmer und damit langfristig auch mehr Arbeitsplätze für Arbeitnehmer. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Ich halte es daher schlichtweg für töricht, wenn man in dieser Diskussion auch versucht, alte Gemeinplätze ins Treffen zu führen, wie etwa von seiten der Freiheitlichen eine Gegenüberstellung von in Österreich beschäftigten Ausländern, von Arbeitslosen und Nichtarbeitslosen und Österreichern im Ausland.
Die statistischen Zahlen sind ja allen aus der heutigen Diskussion bekannt: 368 000 Österreicher haben Arbeit im Ausland gefunden, und mehr als eine dreiviertel Million Ausländer haben mit ihren Familienmitgliedern in Österreich eine Arbeitsheimat gefunden. Wenn man sich die Unterschiede in den wichtigsten Branchen, in denen Ausländer in Österreich beschäftigt sind, anschaut – Bauarbeiter, Baunebengewerbe, Fremdenverkehr –, so ist durchaus feststellbar, daß Kollege Kier in seinen Ausführungen irrte. Die Arbeitslosenzahlen sprechen in diesen Bereichen, vor allem bei den Minderqualifizierten, eine deutliche Sprache. Wir haben in vielen Bereichen zu viele hereingeholt und sind nicht mehr in der Lage, den nach Österreich hereingeholten ausländischen und inländischen Arbeitskräften adäquate Arbeit zu geben. Die Krise der Baubranche in Österreich wird vermutlich mein Nachredner, ein profunderer Kenner der entsprechenden Szenarien, erörtern und auch, woran es liegt, daß bis heute keine Beschäftigungseffekte, die von unserer Bundesregierung angekündigt worden sind, bei den Firmen, bei den Anbietern und bei jenen, die Arbeitsplätze suchen, bemerkbar sind.
Daß darüber hinaus auch die Unterbringung jener Gastarbeiter, die wir nach Österreich geholt haben, teilweise noch katastrophal ist, soll hier keineswegs verschwiegen werden. Ein Problem, das im Sozialausschuß schon x-mal apostrophiert worden ist, ist die unhaltbare Situation der Zeitungskolporteure. Daß dieses Problem aufgrund einer Ausnahmeregelung, die offensichtlich einen Kniefall der Bundesregierung vor den Medienzaren in diesem Lande darstellt, wieder keiner sozial verträglichen Regelung zugeführt wird, kann ich schlicht und einfach nur als soziales Schandblatt der österreichischen Innenpolitik bezeichnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Denn Arbeitnehmervertreter, Arbeitgebervertreter, Parlamentarier aller Fraktionen haben in den letzten Jahren soziale Beschäftigung für alle, nämlich für In- und Ausländer, gefordert. In vielen Sitzungen des Sozialausschusses wurde dieses Thema behandelt. Warum dann Ausnahmebestimmungen in diesem Bereich? Wem dient das? Will man sich damit neue Medienmehrheiten einkaufen, oder ist es einfach ein Kniefall vor jenen, die die gemachte Meinung in diesem Staate repräsentieren und sich dabei das eine oder andere Zuckerl auf Kosten der sozialen Gerechtigkeit ausländischer Arbeitskräfte beziehungsweise ausländischer Unternehmer, die sie ja de facto nunmehr darstellen, die sich in Österreich auf dem niedrigsten sozialen Level befinden, holen?
Ich glaube nicht, daß diese Ausnahmebestimmungen ein Ruhmesblatt der Sozialgeschichte Österreichs sind und daß die Bundesregierung auf diese Ausnahmebestimmungen stolz sein kann. Es ist vielmehr das Gegenteil der Fall. Ich glaube, es ist wirklich der tagespolitische Kniefall vor jenen, die die Meinung in diesem Lande bilden, und nichts anderes.