Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 23. Sitzung / Seite 128

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Die Unterbringung mancher Arbeiter in Österreich ist teilweise noch immer katastrophal. Manchmal leben in Quartieren – das wurde auch schon des öfteren im Fernsehen gezeigt –, die normalerweise Platz für zwei oder drei Personen bieten würden, 14, 15 Personen. In diese Massenquartiere werden dann noch die Familienangehörigen, die Ehegatten hineingepfercht. Dies läuft der freiheitlichen Sicht von sozial zuwider. Daher auch unsere freiheitliche Forderung, zuerst Wohnraum zu schaffen und dann erst die Leute hereinzuholen, aber nicht den umgekehrten Weg zu gehen, nämlich beschränkte, unsoziale Wohnverhältnisse noch durch einen nunmehr ermöglichten Zuzug in diese Massenquartiere zu verschärfen und zu dramatisieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube nicht, daß man die Argumente der Freiheitlichen als unsozial bezeichnen kann. Ich glaube einfach, daß man in der Öffentlichkeit über diese unsozialen Elemente der eigenen Politik hinwegtäuschen will und auf der anderen Seite auch bei den Zahlen ein Vabanquespiel zwischen Vorhang, Bühne und Realität machen will. Oftmals erscheinen mir die Statistiken tatsächlich als Zahlenspielereien, die – Kollege Stummvoll hat es ähnlich ausgedrückt – mit den Köpfen von betroffenen Menschen gemacht werden.

Jeder, der arbeitslos ist und als arbeitslos registriert ist, ob In- oder Ausländer, ist ein Mensch. Jeder hat das Recht, als Mensch behandelt zu werden, auch in seinen Ängsten und Nöten. Da gehe ich mit Kollegen Stummvoll durchaus konform. Dann frage ich mich aber, welche menschenverachtende Realität dahintersteht, wenn man einfach aus statistischen Gründen, um politisch besser dazustehen, Tausende wegrationalisiert, bereinigt, wie das so schön heißt, vergißt, unter den Strich kehrt, aus der Diskussion nimmt und damit das Problem nicht mehr anzugreifen wagt oder nicht mehr angreifen will oder vertuschen will.

Dahinter steckt für mich eine zutiefst unsoziale, eine zutiefst menschenverachtende Gesinnung. Da brauchen wir Freiheitlichen uns nicht zu genieren, denn diese Gesinnung haben meine vier Vorredner unisono, von der Frau Reitsamer bis zur Frau Stoisits, in klarer, deutlicher Weise zum Ausdruck gebracht, indem sie von Manipulation und von Wegrationalisierung von betroffenen Menschen gesprochen haben.

Geben wir doch in der Diskussion zu, wie die Lage tatsächlich ist! Verschweigen wir doch den Österreicherinnen und Österreichern nicht, wie ihre Situation ist! Schauen wir uns auch die Arbeitslosenzahlen bei den weiblichen Arbeitskräften in Österreich an, schauen wir uns an, welches Schicksal sie erleiden und wie sie als Reservearmee abgebaut werden, auch von diesem System, das die Bundesregierung repräsentiert und das die Bundesregierung nunmehr den Österreichern zu verkaufen versucht.

Ich halte nichts davon, ich halte nichts von einem statistischen Schwindel. Ich halte mich an die konkreten Zahlen, die auf dem Tisch liegen. Sie sind sozial bedrückend und erschreckend genug.

Noch erschreckender ist allerdings für mich, daß die Bundesregierung in nunmehr fünf Monaten nicht in der Lage war, eine einzige ihrer Parolen, die sie seit Jahren verkündet und den politisch Interessierten zur Kenntnis bringt, auch nur annähernd zu verwirklichen. Die 50 000 neuen Arbeitsplätze sind in weiter Ferne, die Wirtschaftsforscher sagen einen Aufschwung frühestens für 1998 voraus. Manche befürchten, daß er auch dann noch nicht kommt. Die entsprechenden bürokratischen Abbaumethoden sind in weiter Ferne. Die entsprechende Identifizierungsmöglichkeit, um die Schwarzarbeit in Österreich tatsächlich effizient und auch in klarer Form verfolgen zu können, ist in weite Ferne gerückt. Die Bauwirtschaft hat ja den Ausweis aus eigener Initiative mit relativ gutem Erfolg eingeführt, die anderen Branchen sind dem nicht gefolgt, die Bundesregierung auch nicht. Es gibt – dies war gestern den Medien zu entnehmen – ein Gesetz, wonach sich jeder in Österreich befindende Ausländer, ob Tourist oder Arbeitnehmer, seinen Paß ständig mit sich führen müßte.

Angesichts der geltenden Rechtslage frage ich mich, warum die Forderung, daß jeder einen Lichtbildausweis bei sich haben soll, um die legal und die illegal Beschäftigten tatsächlich identifizieren zu können, auch aus den Kreisen der Arbeitnehmervertreter so heftig angegriffen


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