Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 23. Sitzung / Seite 152

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Herr Minister, erlauben Sie mir einige Worte aus der Praxis. Ein ehemaliger sozialistischer Gemeinderat von Graz kam in eine Bredouille, indem er Ausländer illegal beschäftigte und dann eine Strafe in Millionenhöhe zu bezahlen hatte. Ich war die einzige, die ihn nach den wahren Hintergründen gefragt hat.

Die Hintergründe waren nämlich, daß er für seinen Betrieb keine Arbeitskräfte bekommen konnte, obwohl genügend Personen als arbeitslos gemeldet waren. – Punkt 1.

Punkt 2 war, daß ihm das Arbeitsmarktservice mitteilte, wenn er keine Leute bekomme, dann solle er die Produktion kürzen. – Das ist ein fleischverarbeitender Industriebetrieb, muß man dazusagen, der Millionenumsätze mit dem EU-Ausland macht und auf die Arbeitskräfte angewiesen ist. Das ist Ihre Arbeitsmarktpolitik, daß er zur Antwort bekommt: Dann drosseln Sie eben die Produktion! (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Dieser Arbeitgeber hat folgendes gemacht: Er hat nach der "Konsum"-Pleite die Leute angeschrieben, und er hätte alle aufgenommen, wie sie waren, egal, in welchem Alter. – Wissen Sie, was die Folge war? (Abg. Dr. Graf: Das hat die Gewerkschaft verhindert!) Genau! Nicht einen einzigen Arbeitnehmer konnte er bekommen, weil es die Gewerkschaft verhindert hat. So schauen die Realität und die Praxis aus! Die Gewerkschaft hat den Arbeitnehmern nahegelegt, lieber in Frühpension zu gehen, bevor sie dorthin arbeiten gehen. Das ist die Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Arbeitsmarktpolitik in Österreich ist keine Arbeitsmarktpolitik, sondern eine Arbeitslosenverwaltungspolitik, Herr Minister! Und Sie schauen dem Ganzen zu. Die Praxis ist nämlich die: Wenn ich zum Beispiel Arbeitskräfte brauche, dann weiß ich, beim Arbeitsmarktservice sind jetzt in dem Bereich zehn Arbeitslose gemeldet, die werden sich vorstellen kommen. – Wissen Sie, wie viele von den zehn kommen? Wenn es gut geht, kommen zwei, und die wollen nur einen Stempel, daß sie da waren. (Abg. Dr. Ofner: Und das Fahrgeld!)

Da spiele ich aber nicht mit. Sie können sich beim Arbeitsamt in Graz, mit dem ich Gott sei Dank aufs beste zusammenarbeite, erkundigen. Aber so läuft es auch in anderen Betrieben. Wenn man Glück hat, kommt man nach Wochen oder Monaten endlich zum richtigen Mann am richtigen Arbeitsplatz. Das ist eine Tatsache.

Es gibt aber auch weitere Fälle aus der Praxis, Herr Minister, speziell aus der Steiermark. Da ist zum Beispiel ein Slowene verurteilt worden, weil er zu Unrecht Arbeitslosengeld in der Höhe von 65 000 S bezogen hat. Jetzt frage ich mich: Wie kann denn das überhaupt sein? Das hat ihn der Richter auch gefragt. Darauf antwortete er, ein Vertreter des Arbeitsamtes hätte ihm erklärt, daß das angeblich ordnungsgemäß war und er keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich zu haben brauchte. Daraufhin fragte man den Vertreter des Arbeitsmarktservice, und er antwortete: Aber er kann doch kaum Deutsch! Die wenigsten Ausländer bei uns können Deutsch, antwortete der Beamte ungerührt. – Das ist die Realität! Die Leute werden in Deutsch aufgeklärt, und man bemüht sich gar nicht, die Leute richtig aufzuklären.

Ein zweiter Fall: Ein südsteirischer Postbediensteter gab einem Ausländer die Möglichkeit, sich bei ihm anzumelden, obwohl er dort überhaupt nie gewohnt hat. Und das ist ein Fall, der täglich hundert und tausendmal passiert, möchte ich fast sagen: Es wird einfach im grenznahen Bereich ein De-facto-Wohnsitz angemeldet, um noch Arbeitslose zu beziehen. Das sind die Mißstände, Herr Minister, die auch unser Budget in die Höhe treiben. Sie wissen schon nicht mehr, sollen Sie die Beiträge erhöhen oder nicht, und Sie bringen damit den ganzen Staat in die Bredouille. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber das ist bei weitem noch nicht alles. Und eines wundert mich: Die ÖVP hat großartig eine Anfrage gestellt bezüglich der Aktion 8 000 des Arbeitsmarktservice und der "TATblatt"-Spende. Heute sind Sie plötzlich ganz still, Sie wollen den Herrn Minister ja nicht beleidigen. Herr Minister, Sie haben zwar in der Beantwortung gesagt, das ist ausgegliedert, das ist nicht mehr in Ihrem Kompetenzbereich. Aber das Budget kommt sehr wohl von Ihnen, und auf alle Fälle kommt es vom österreichischen Staatsbürger. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Nicht einmal das stimmt!)


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