Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 23. Sitzung / Seite 216

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ehemaligen Eisernen Vorhang enden soll. Dann allerdings, Herr Kollege Schwarzböck, werden Sie darüber nachdenken müssen, was das für die österreichische Landwirtschaft – aber nicht nur für die österreichische Landwirtschaft, sondern für alle Wirtschaftsbereiche – bedeutet, und da kommen Sie in ein Dilemma, das Sie nicht lösen können.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß das, was Kollege Schwarzböck für die Bauern in Anspruch genommen hat, daß nämlich die Zukunft der Bauern nicht in Reservaten liegen kann, auch für alle anderen Berufe gilt. Ich hege allerdings ein bißchen den Verdacht, daß wir in Österreich beide Augen vor der Tatsache verschließen, daß bereits viele Berufsgruppen in Reservate abgedrängt werden, und ich befürchte ein wenig, daß wir in Österreich zum großen Sanatorium Europas werden, wo mehr oder weniger lediglich die schöne Landschaft zählt.

Ich habe hier einen Artikel, in dem Fischler meint: Landschaft produzieren – verkauft werden die schöne Gegend, die herrliche Hotellerie, der Tourismus, die Kuranstalten, die Medizin sowie die Betreuung durch Krankenschwestern und Krankenpfleger. In der Folge wird sich Österreich zum Altenheim Europas entwickeln. Man geht dann in seiner Pension nach Österreich, da ist es schön, da sind die Gewässer sauber, da pflegen die Menschen so schön die Wiesen und Almen, dafür werden sie auch bezahlt – und die Nahrungsmittel für die breite Masse der Bevölkerung werden mit Hilfe der Gentechnologie und der Biotechnologie in den großen Industrien Europas erzeugt. Über diesen Widerspruch, Herr Kollege Schwarzenberger, sollten Sie nachdenken! (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. )

Im Zusammenhang mit den Milchbauern habe ich Sie nur einmal auf Ihren Widerspruch hingewiesen. Ich habe schon vor Jahren gesagt, daß es nur ein ganz kleiner Schritt zur Ökologisierung im Milchwirtschaftsbereich wäre. Sämtliche österreichische Bauern könnten im Milchbereich Biobauern werden. Das wäre überhaupt kein Problem. Sie haben mir zur Antwort gegeben, daß es, wenn es hier keine Quoten gäbe, zu einer Überschwemmung des Milchmarkts käme. Zu diesem Zeitpunkt wurde mir klar – das war, wie gesagt, schon vor einigen Jahren –, daß die vielen Argumente, daß die Ökologisierung der Landwirtschaft unsere Ernährung nicht sichern würde, schon immer falsch waren. (Abg. Haigermoser: Das ist richtig!)

Jetzt ist es das Argument der Gentechnologie, das derart kurzsichtig betrachtet wird. Denn die Zweiteilung, Gentechnologie ist gut, wenn Pflanzen geschaffen werden, die resistent sind gegen Schädlinge, und Gentechnologie ist schlecht, wenn Pflanzen geschaffen werden, die resistent gegen Herbizide sind, kann nur als kurzsichtig bezeichnet werden! – Herr Kollege Schwarzböck! Ich glaube, auch Sie hängen dieser Theorie an.

Die Gentechnik im Pflanzenbereich produziert Kulturpflanzen, die ausschließlich auf Erfolg und Überleben getrimmt werden und alle anderen Wildpflanzen verdrängen, so wie es die Kulturpflanzen bereits in den letzten Jahren und Jahrzehnten über große Kontinente hinweg gemacht haben.

Im Getreidebereich ist bereits ohne Gentechnologie ein ungeheurer Verdrängungsprozeß von Wildgetreidesorten gegeben. Sie wissen ganz genau, daß es in großen Teilen unserer Erde nur noch ganz bestimmte Weizensorten gibt. Wir haben nur noch sehr wenige Reservoirs, wo Wildgetreidepflanzen vorkommen. Selbst in der Heimat dieser Pflanzen, in Asien, ist man bereits dabei, mit den Multis die letzten Bereiche zu ruinieren.

Ich würde Sie bitten, darüber ernsthaft zu diskutieren, weil das ein massiver Fehler in der Einschätzung ist. Ferner glaube ich, daß der Antrag von Kollegen Barmüller diskussionswürdig ist und man diesem Antrag auch zustimmen kann.

Meine Damen und Herren! Den Antrag, den ich zuvor einbringen wollte, hat bereits meine Kollegin Langthaler eingebracht. Es tut mir leid, daß ich bei meinem ersten Redebeitrag die Ernsthaftigkeit nicht durchhalten konnte, aber die Gleichzeitigkeit der Ereignisse macht es manchmal unmöglich, hier dementsprechend vorzugehen. – Danke schön. (Beifall bei der Grünen.)

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