rechtspolitisch ein Wahnsinn, daß da eine Gruppe, nämlich die Lieferantengläubiger, völlig ausgeschaltet werden soll!
Denken Sie etwa daran, daß ein Lieferantengläubiger eine Bonitätsanfrage bei einer Bank macht, die selbst ein Betroffener ist. Oder denken Sie daran, daß eine Bonitätsanfrage bei einem Kreditschutzverband, beim KSV oder beim AKV, gemacht wird, der natürlich über diese sogenannten Geheimverfahren Bescheid wissen muß. Dieser würde dann in logischer Folge dazu verpflichtet, die Tatsache eines Sanierungsverfahrens gegenüber den eigenen Mitgliedern und gegenüber den Lieferantengläubigern rechtlich legitimiert zu leugnen. Das ist doch ein unhaltbarer Zustand! Wer macht solch eine Gesetzesvorlage? Das ist doch ein Laientheater: davon auszugehen, daß ein Gerichtsverfahren teilweise geheim abzuführen ist!
Aber es kommt noch etwas dazu, das ist ja nicht der einzige Unsinn, der diesem Sozialpartner-Vorschlag anhaftet. Die Überlegung, ein Sanierungsverfahren zwingend einzuleiten, wenn die Eigenkapitalquote unter 5 Prozent sinkt oder wenn die Eigenkapitalquote, die sich zwischen 5 und 10 Prozent bewegt hat, in den letzten Jahren um 2 Prozent sinkt, ist doch auch ein kompletter Unsinn. Wenn man das als Sanierungsgrund oder als Grund für die Einleitung eines gerichtlichen Sanierungsverfahrens heranziehen würde, dann müßten – das garantiere ich Ihnen – 10 000 Unternehmen in Österreich sofort in dieses Sanierungsverfahren eintreten. Die Gerichte wären überfordert, der Wirtschaftskreislauf würde zusammenbrechen. Ich garantiere Ihnen das, ich weiß das aus meinen Erfahrungen in der Praxis, und meine Damen und Herren Kollegen aus den wirtschaftsberatenden Berufen werden mir recht geben, daß sehr, sehr viele, nämlich Tausende Unternehmen in Österreich nicht über eine Eigenkapitalquote über 10 Prozent verfügen.
Ich sehe auch die schematische Betrachtung dieser Haltung nicht ein, diese 10 Prozent. Ich habe bereits angeführt, daß es auf der einen Seite einen Jahresabschluß gibt, der dem Erfordernis der Bundesabgabenordnung Rechnung trägt, und auf der anderen Seite einen handelsrechtlichen Status, und diese beiden Bilanzen, nämlich Steuer und eine Art realistische Handelsbilanz im Sinne von Status, können erheblich differieren.
Ich garantiere Ihnen: Wenn man heute die Steuerbilanz als Parameter für die Einleitung eines derartigen Verfahrens heranziehen würde, würden Tausende Unternehmen sofort von diesem Sanierungsverfahren betroffen werden. Andererseits müßte man, wenn man sagen würde, die Steuerbilanz hat nichts oder sehr wenig oder nur bedingt mit der wirtschaftlichen Situation eines Unternehmens zu tun, von jeder Gesellschaft, also auch von einer kleinen Gesellschaft, zwingend verlangen, einen Status aufzustellen, eine Auflösung der stillen Reserven durchzuführen, jedes einzelne Wirtschaftsgut nicht nach dem buchhalterisch-finanztechnischen Wert zu bewerten, sondern nach dem tatsächlichen wirtschaftlichen Wert. Das wäre ein ungeheuer großer Aufwand. Außerdem wäre das sicher ein Beitrag zur weiteren Verdünnung der Kapitaldecke und zur weiteren Verdünnung der Liquidität. Auch das ist kompletter Unsinn!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir von den Freiheitlichen haben uns auch Gedanken darüber gemacht, wie man das Insolvenzrecht wirklich verbessern könnte. Dazu gibt es einige Ansätze, etwa die Unanfechtbarkeit von Sanierungskrediten. Die Praxis im Insolvenzrecht ist doch die, daß von den Banken keine Sanierungskredite mehr gewährt werden, weil die Bankdirektoren und Prokuristen glauben, selbst bald der Beihilfe zur fahrlässigen Krida oder der Beihilfe zur Konkursverschleppung angeklagt zu werden. Sie verlieren die Nerven, wie es etwa bei Maculan der Fall war, und drehen den Kredithahn zu, obwohl sie grundsätzlich bereit wären, nach einer nüchternen Analyse noch weiterzufinanzieren und die Talsohle durchzutauchen.
Daher wäre es wichtig, das Anfechtungsrecht so zu modifizieren – dieses ist ja bekanntlich auch in der Konkursordnung geregelt –, daß Kredite, die zur Sanierung eines angeschlagenen Unternehmens gewährt werden, im Sinne der Gesamtgläubigerschaft nicht mehr angefochten werden könnten und daß auch die Bankmanager dann gezwungen wären, nach dem Prinzip der vorsichtigen Haltung – man kann es auch Feigheit nennen – den Kredithahn zuzudrehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)