bedenklich, das ist eine Sache der Meinungsfreiheit. Wenn das aber soweit führt, daß sich daraufhin sogar eine große Koalition nicht mehr getraut, wirklich Medienpolitik zu machen, dann ist die Grenze überschritten. Da müssen wir mit der entsprechenden demokratiepolitischen Sensibilität vorgehen.
Das eklatanteste Beispiel ist doch die Ausnahme der Kolporteure aus der Versicherungspflicht für Werkverträge. Es ist einfach unglaublich: Man hat ein Sparpaket geschnürt, hat gesagt, man könne jetzt nichts mehr ändern, keine Kleinigkeit, alles sei fest verankert. Wenn man irgendwo anfängt, dann bricht das Ganze in sich zusammen. Die Interessengruppen werden einen Punkt nach dem anderen herausschießen, so wie es beim Sparpaket 1 der Fall war! Es genügt dann aber der Brief eines Herausgebers zu einem Punkt, und blitzartig und ohne große Debatte wird das so fest verschnürte Sparpaket geöffnet und damit eigentlich ein doppelter Skandal inszeniert.
Der eine ist ein sozialpolitischer Skandal: Arbeitnehmern, die eine harte, völlig unselbständige Tätigkeit ausüben, denen nicht einmal hinsichtlich ihrer Kleidung Freiheit bei ihrer unternehmerischen Tätigkeit gewährt wird, die einen beinharten Dienstplan haben, die bei den geringsten Vergehen gefeuert werden, diesen Menschen, die alle Merkmale eines Arbeitnehmers aufweisen, kleidet man in das Tarngewand von Unternehmern und nimmt ihnen damit einfach eine sozialversicherungsrechtliche Absicherung. Das ist ein sozialpolitischer Skandal! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)
Der zweite Skandal ist, daß die gesamte Bundesregierung auf Zuruf sofort agiert und das einfach so macht. Da wird eben sichtbar, was ich soeben gesagt habe: Offensichtlich getraut sich sogar eine sogenannte große Koalition nicht mehr, etwas entgegen den wirtschaftlichen Interessen eines kapitalreichen, gewinnträchtigen Unternehmens zu tun – nicht einmal im Interesse von wirklich armen Teufeln. (Abg. Böhacker: Gewinn ist keine Schande!) Das ist ein politisches Versagen, ein Einbrechen zugunsten einer überkonzentrierten Medienmacht, wie man es klarer nicht darstellen kann.
Herr Bundeskanzler! Das ist einer der Punkte, weswegen wir aufschreien. Wir meinen: Wenn sich die medienpolitische Landschaft so gestaltet, daß Sie sich nicht mehr gegen wirtschaftliche Interessen eines Medienunternehmers zu agieren trauen, dann ist demokratiepolitische Gefährdung gegeben. Und deshalb müssen wir in die Medienpolitik ganz entschieden zuerst mit einer Diskussion und dann mit entsprechenden Entscheidungen eingreifen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)
Herr Bundeskanzler! Ich komme nach den Printmedien zu den audiovisuellen Medien. Da verknüpft sich ganz klar jahrelanges, wenn nicht jahrzehntelanges Nichthandeln mit äußerst gefährlichen Perspektiven.
Wir wissen ja, daß der Österreichische Rundfunk in der Zweiten Republik lange Zeit völlig den Regierungsparteien der großen Koalition ausgeliefert war, bis 1964 bemerkenswerterweise durch ein Volksbegehren diesbezüglich wesentliche Verbesserungen erreicht werden konnten. Aber es blieb natürlich das Monopol aufrecht. Und es ist ein typischer Wesenszug der österreichischen Medienpolitik, daß das Monopol des Österreichischen Rundfunks auf Teufel komm raus gehalten wurde – und sei es auch auf Kosten einer Schädigung der medienpolitischen Zukunftsperspektiven in unserem Lande.
Erst als die technologische Entwicklung das Sendemonopol einfach nicht mehr praktizierbar erscheinen ließ, erst zu dem Zeitpunkt, als auf internationalen Druck über den Europäischen Gerichtshof in Straßburg das Sendemonopol des ORF von einem Gerichtsentscheid betroffen war, hat sich die Bundesregierung langsam aufgerafft und etwas getan. Und das erste, was sie tat, war die Schaffung eines Regionalradiogesetzes.
Diese Vorgangsweise ist wiederum ein Musterbeispiel für ein medienpolitisches Verhalten, das wirklich geradezu grotesk ist, ein Beleg dafür, daß es sich dabei um einen Flop handelt. Man hat nämlich mit diesem Regionalradiogesetz nicht nur keine Marktöffnung herbeigeführt, sondern beinhart für jedes Bundesland eine einzige Frequenz gefunden – in Wien mit Mühe zwei – , hat