Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 29

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Gärtnerin oder Hunderte andere, die ich nennen könnte, wo man nicht unbedingt Meister sein muß.

Wir fordern eine Reduktion, eine Vernetzung der verschiedenen Gewerbe, einen erleichterten Übergang in "verwandte" Gewerbe. Wir sind der Meinung, daß man insbesondere für den Betrieb von kleineren Gewerben, für leichtere Tätigkeiten, nicht unbedingt Meister sein muß. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. Er hat das Wort.

9.34

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Hauptproblem in Europa ist heute tatsächlich die Sicherung der Arbeitsplätze. Und wenn diese Koalitionsregierung die Gründung von Unternehmen in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen gestellt hat, so deshalb, weil sie erkannt hat, daß nur Unternehmen Arbeitsplätze schaffen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir müssen daher tatsächlich alles tun, um Unternehmensgründungen in Österreich zu fördern. Ich warne aber vor dem Trugschluß, man brauche nur die Gewerbeordnung abzuschaffen beziehungsweise zu ändern, und schon werden neue Unternehmen nur so aus dem Boden schießen. Aus meiner täglichen Arbeit weiß ich, daß die Frage des Gewerberechtes und hier im speziellen des Befähigungsnachweises in den meisten Fällen lösbar und daher überhaupt kein Problem ist.

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen insgesamt sind es, die sogar Unternehmerkinder davon abhalten, Betriebe zu übernehmen; sie sagen: Wir wissen, was uns erwartet. Nein danke, das tun wir nicht. – Da müssen wir ansetzen!

Im Prinzip ist es aber für viele nur diese Qualifizierungsordnung, die heute oft in Frage gestellt wird. Man meint, man müsse den Zugang zum Unternehmertum von jeder Qualifikation unabhängig machen und ihn so erleichtern. Warum eigentlich nur für Unternehmer und nicht auch für andere Berufe, wie zum Beispiel Lehrer, Polizisten, Pfarrer, Rechtsanwälte, Schilehrer? Ja sogar die Tagesmütter fordern heute eine Qualifizierung, um zu ihrer Gruppe gehören zu können. – Keine Angst, ich fordere keine zusätzliche Qualifikation für Politiker. (Abg. Dr. Haselsteiner: Die wäre aber notwendig!) Wahrscheinlich wäre sie notwendig; ja, Sie haben recht.

Unabhängig davon, daß es in fast allen Ländern der EU Regelungen für den Gewerbeantritt gibt, frage ich: Glaubt denn wirklich jemand, daß man heute mit geringen bis keinen Voraussetzungen in der Wirtschaft Erfolg haben kann? – Mit einer Goldgräbermentalität, so nach dem Motto: soll halt jeder mal sein Glück versuchen, wird man die Herausforderungen des europäischen Marktes nicht bestehen. Ich darf hier meinen Parteiobmann Wolfgang Schüssel zitieren, der gestern in einem ganz anderen Zusammenhang gemeint hat: The new economy is an economy of knowledge. (Beifall bei der ÖVP.)

Dies belegt leider auch die jüngste Studie des Kreditschutzverbandes über die Ursachen für Insolvenzen aus dem Jahre 1995. Mehr als drei Viertel aller Insolvenzfälle des Jahres 1995 sind auf kaufmännische Fehlleistungen zurückzuführen, nur 15 Prozent davon sind sozusagen fremdverschuldet. Das müssen wir leider zur Kenntnis nehmen. Ich glaube nicht, daß der Vorschlag des Liberalen Forums, der als einzige Voraussetzung für den Gewerbeantritt lediglich den Abschluß einer Haftpflichtversicherung vorsieht, ernst gemeint ist. Sie mißtrauen den Prüfungskommissionen der Gewerbebehörden, aber Sie trauen der Versicherung zu, diese mangelnde Qualifikation über die Höhe der Prämie auszugleichen. (Abg. Mag. Peter: Das ist Marktwirtschaft!) Das ist Marktwirtschaft, aber diese Marktwirtschaft ist eine tödliche Marktwirtschaft, Herr Peter, und damit werden Sie die Qualifikation unserer Wirtschaft nicht heben können. (Beifall bei der ÖVP.)


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