Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 33

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böse: Der Mitleidseffekt, den Sie damit vielleicht erreichen wollen, geht bei den Liberalen nicht rein, da hält sich unser Mitleid sehr in Grenzen.

Es ist auch bezeichnend, daß Sie sehr wohlüberlegt mit den Worten geschlossen haben: Der Standpunkt der ÖVP ist, wir müssen renovieren, nicht demolieren. – Genau das ist es! Wenn Sie von einer Gewerbeordnungsreform reden, dann sprechen Sie in Wahrheit von einer neuen Fassade für die Wirtschaftskammer (Abg. Dr. Puttinger: Wer sagt das? – Beifall beim Liberalen Forum), aber Sie reden nicht von neuen Strukturen in diesem Bereich. Ich weiß auch, woher Sie das Geld dafür nehmen, Herr Abgeordneter. Das Geld dafür werden Sie wahrscheinlich von jenen 3,5 Milliarden Schilling nehmen, die Sie bis heute noch nicht den Unternehmen in Österreich zurückgegeben haben, obwohl um diese Summe im Zusammenhang mit der Außenhandelsförderung zuviel eingehoben worden ist. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Opfer dieser mangelnden Reformfähigkeit, meine Damen und Herren, sind täglich die Unternehmer außerhalb dieses Hauses. Heute sitzt ein sehr prominentes Opfer hier, das ist Herr Bundesminister Ditz, der auch schon hier im Hause das Opfer Ihrer eigenen Politik geworden ist. Das einmal zur Kenntnis zu nehmen, meine Damen und Herren, wäre notwendig! Es sollte dies eigentlich der Anlaß dafür sein, daß es wirklich einmal die Bereitschaft gibt, etwas Neues in dem Zusammenhang zu machen.

Wenn zum Beispiel bei der Reform der Gewerbeordnung davon die Rede ist, daß es Verwaltungsvereinfachungen geben muß, meine Damen und Herren, dann ist das zwar schon gut. Aber es sollten Verwaltungsvereinfachungen sein, die insbesondere eine Verkürzung der Verfahrensdauern bedeuten, denn das ist ein ganz entscheidendes Problem! (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Dr. Puttinger und Dr. Trinkl .) – Leider nur vereinzelt Applaus aus den Reihen der ÖVP, aber das macht nichts, es ist ein echter Anfang, Herr Abgeordneter!

Was Herr Abgeordneter Van der Bellen zu Recht angeschnitten hat, ist, daß die Gewerbeordnung ein ganz wesentlicher Bestandteil auch des Umweltrechtes und des Umweltschutzes ist. Dabei sind die Betriebsanlagengenehmigungen angesprochen worden. Wenn immer wieder behauptet wird, daß in Österreich das hohe Umweltschutzniveau ein Argument für Firmen wäre, abzuwandern, daß es eine Gefährdung des Wirtschaftsstandortes Österreich bedeute, dann sage ich Ihnen: Die hohen Umweltschutznormen, die wir in vielen Bereichen haben, hindern eine wirtschaftliche Entfaltung wesentlich weniger als die bürokratischen Verfahren, die damit verbunden sind, und zwar insbesondere deshalb, weil einfach die zeitliche Dauer dieser Verfahren nicht abschätzbar ist.

Meine Damen und Herren! Wenn wir schon bei der zeitlichen Dauer sind: Was in der gesamten Diskussion nie expressis verbis angesprochen wird, ist der Zeitfaktor, der für Unternehmer mit dem bürokratischen Aufwand verbunden ist. Es ist eine extreme Belastung für Unternehmer und Freiberufler, meine Damen und Herren, daß es zum Beispiel keine Prüfungskonzentration gibt. Es ist einfach in Österreich nicht möglich, eine Prüfungskonzentration zu erreichen. Wenn schon von staatlicher Seite – das gehört nicht unmittelbar zur Gewerbeordnung – etwa die Lohnverrechnung in Betriebe ausgelagert wird, damit der Staat das nicht machen muß, dann wäre es doch wirklich ein Leichtes, herzugehen und jene Prüfungen, die im Bereich des Steuerrechts noch zu machen sind, zu komprimieren, sodaß der Unternehmer in seiner Zeit, in der er wirtschaften muß, um die Kosten zu decken, nicht dadurch gebunden ist und kein Geld erwirtschaften kann, sondern de facto für den Staat Gewehr bei Fuß stehen muß. Das, meine Damen und Herren, ist einfach der falsche Zugang!

Es ist auch völlig falsch, daß hier stets übersehen und niemals ehrlich angesprochen wird, daß Bürokratie uns nicht schützen kann. Wir haben etwa im Bereich der Gentechnik gesehen, daß bürokratische Vorschriften überhaupt nicht dazu geeignet sind, irgend jemanden zu schützen. So ist es auch im Umweltbereich: Sie werden weder die Gesundheit der Menschen schützen, noch werden Sie Tiere oder Pflanzen schützen, indem Sie bürokratische Hürden errichten. Das, was wir vielmehr brauchen, ist ein zeitgemäßes Umwelthaftungsrecht. Dabei werden auch Haftungsbestimmungen und Haftpflichtversicherung eine wesentliche Rolle spielen, aber das werden keine unzeitgemäßen Prüfungen sein, die von der Kammer durchgeführt werden.


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