Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 170

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Behinderung, sondern verursacht zusätzliche Behinderungen. (Beifall bei den Grünen und den Freiheitlichen.)

Ich glaube, in diesem Bereich müßte man sich langsam wirklich überlegen, wie das laufen kann. Dazu braucht es nicht irgendwelche Fachleute. Fragen Sie uns betroffene Menschen und lassen Sie uns andere betroffene Menschen in den Rehab-Zentren, in den Krankenanstalten beraten. Wir wissen, was wir brauchen. Wir wissen, worauf wir gut sitzen. Wir wissen, was unser Rücken aushält und was nicht. Und bitte schicken Sie uns nicht überallhin Fachleute, die eigentlich keine Fachleute des Rehab-Zentrums oder des Krankenhauses (Abg. Mag. Stadler: Die kassieren!), sondern einfach Gesandte irgendwelcher Orthopädiezentren oder Firmen sind. (Beifall bei den Grünen und bei den Freiheitlichen.)

Die Hilfsmittelversorgung ist wirklich ein Thema, das man nicht übersehen darf. Ich muß zum Beispiel, wenn ich heute eine neue Batterie für meinen Elektrorollstuhl brauche, eine seitenlange Begründung schreiben, warum ich diese Batterie brauche – ich könnte ja unter Umständen eine Blumenvase im Wohnzimmer daraufstellen und sie nicht in den Rolli einbauen. Ich schreibe also eine seitenlange Begründung. Das fällt mir nicht schwer, mit Zynismus läßt sich das alles lösen. Und dann bekomme ich das unter Umständen bewilligt, mit dem Vermerk: Hierbei handelt es sich um eine freiwillige Leistung Ihrer Sozialversicherungsanstalt, es besteht aber kein Rechtsanspruch. – Das steht immer drauf – egal, ob ich ein Hilfsmittel oder einen Heilbehelf brauche, der 800 S kostet, oder einen, der 80 000 S kostet. Dieser Satz wird mir immer wieder geliefert, wahrscheinlich um auszudrücken: Du weißt, was wir für dich tun, aber verlange nicht zuviel von uns.

Ich weiß also, was die Gebietskrankenkasse für mich tut. Aber die Gebietskrankenkasse hat sich noch nie überlegt, was ich für sie mache. Denn ich könnte ohne weiteres sagen: Okay, ich will gar keine Batterie für meinen E-Rolli. Dafür kann ich aber nicht arbeiten. Was haltet ihr davon? Manchmal habe ich den Eindruck, das wäre den Gebietskrankenkassen lieber. Es wäre ihnen lieber, Menschen zu Hause in ihren Wohnungen, in stationären Einrichtungen ihr Leben absitzen zu lassen, anstatt sie entsprechend bedarfsgerecht zu versorgen, damit sie selbständig leben können und als Teil der Gesellschaft wieder mit dabei sind. Aber an diese Form der Rehabilitation, der Wiedereingliederung in die Gesellschaft mit allen Rahmenbedingungen, die es braucht – und dazu gehören eben Hilfsmittel, Heilbehelfe –, daran denkt die Krankenkasse eigentlich nicht.

Für alte Menschen, die aufgrund von Inkontinenz Windeln brauchen, gibt es pro Quartal ein Kontingent. Wenn jemand das Pech hat, daß er aus irgendwelchen Gründen mit seinem Windelkontingent nicht auskommt, dann muß er eine Begründung schreiben. Die Krankenkasse nimmt wohl an, die Windeln seien so schön, daß sich vielleicht irgendwer zu Hause die Wände damit tapeziert. – Ich glaube aber eher, das ist Schikane.

Wir müssen wegkommen von diesem Druck, daß wir für alles dankbar sein müssen, was wir von der Krankenkasse bekommen. Wir erbringen Leistungen, gewaltige Leistungen in Form von Einzahlungen, in Form von Arbeit, in Form von Leben in der Gesellschaft auch ohne Arbeit. Ich möchte mich nicht ständig für etwas bedanken müssen, was für mich von unumgänglicher Notwendigkeit ist, um so leben zu können, wie es mir zusteht. – Danke. (Beifall bei den Grünen, den Freiheitlichen und dem Liberalen Forum.)

19.37

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte.

19.37

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, Frau Kollegin Haidlmayr hat uns das Problem der Heilbehelfe aus der Sicht eines Behinderten in einer Form geschildert, wie es für jeden hier im Parlament, der halbwegs Menschlichkeit an sich hat, sehr eindrucksvoll war. (Abg. Mag. Stadler: Das hat Rot und Schwarz überhaupt nicht interessiert!) Sie hat uns mitgeteilt, welche Erlebnisse man Tag für Tag als Behinderter mit Heilbehelfen, mit Kuranstalten, mit


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