Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 30. Sitzung / Seite 64

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eine Chance auf Realisierung hat – wohl kaum nach dem 13. Oktober, wo die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt für In- und Ausländer nicht absehbar besser sind. Gespaltene Zungen gibt es nur in Indianermärchen – hoffentlich gilt das auch für Österreich. (Beifall bei den Grünen.)

19.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haller. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.33

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Ich habe nicht vor, mich eingehend mit den Äußerungen meiner Vorredner auseinanderzusetzen. Auf die Ausführungen des Kollegen Kier, der eindeutig österreichfeindliche Aussagen getroffen hat, und auch des Kollegen Öllinger, dem überhaupt nichts zu blöd ist, wenn es nur gegen die Freiheitlichen geht, sodaß er sogar den Nationalsozialismus verherrlicht, hat schon mein Kollege Scheibner sehr gut repliziert.

Ein bißchen anders verhält es sich beim Kollegen Cap. Er hat hier versucht, sich mit einer wirklich dümmlichen Vorstellung über die Ausführungen des Herbert Scheibner betreffend seine Aussagen bei diversen Wahlen hinwegzuschwindeln. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Er hat Beispiele gebracht und immer von "gesunken" gesprochen. Es ist mir nur ein Beispiel wert, ihm das Gegenteil zu beweisen, und zwar die Entwicklung bei den fremden Tatverdächtigen: 1988: 10,6 Prozent Gesamtkriminalität, davon Verbrechen 14,3 Prozent. Im Gegensatz dazu 1994: 20,8 und 30,3 Prozent. Da kann ich nur sagen: gestiegen. – Solche Beispiele gäbe es viele! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

In einem war sich mein Vorredner Cap mit dem Adressaten dieser dringlichen Anfrage, dem Bundeskanzler, aber einig: Es ist in Österreich alles in Ordnung. Es ist alles gut, uns Österreichern geht es wunderbar, auch wenn die Verarmung von Familien kein Randgruppenproblem mehr ist, auch wenn täglich eine Firma nach der anderen in Konkurs geht – uns geht es gut, sodaß es eigentlich ganz logisch ist, daß wir Österreicher ein Belastungspaket dieses Ausmaßes verkraften können. Es geht uns auch so gut, daß der EU-Beitritt, so wie er stattgefunden hat, ohne Wenn und Aber, einfach richtig war. – Das sind Dinge, die uns der Herr Bundeskanzler als Chef dieser Regierung tagtäglich glauben machen will.

In diesem Zusammenhang muß ich ihm, auch wenn es mir schwerfällt, ein Kompliment machen. Herr Bundeskanzler! Es ist Ihnen eines wirklich recht gut gelungen in den zehn Jahren Ihrer Regierung: Sie haben über die Medien die Macht der Meinungsbildung in Österreich gewaltig beeinflußt. Wenn ein Journalist, Michael Maier, sagt, daß Sie ein wenig der Ziehvater des Tugendterrors sind, dann wird er wissen, was er damit meint.

Sie haben die Macht der Beschwörung des Rechtsradikalismus ausgenützt, die Macht der Beschwörung der Ausländerfeindlichkeit – soviel steht für mich fest. Sie haben aber diese Macht über die Medien auch ausgenutzt, um Ihre eigene Person möglichst gut darzustellen, Ihre Politik erfolgreich darzustellen, sich bejubeln und beweihräuchern zu lassen – dabei haben Sie in den ganzen zehn Jahren nur eine einzige Wahl gewonnen! Aber: Gerade diese Wahl – die vergangene Nationalratswahl – hat eben den Erfolg dieser Ihrer Machtausübung über die Medien gezeigt. Sie hat gezeigt, daß es Ihnen gelungen ist, die österreichische Bevölkerung ruhigzustellen, einzulullen, und daß diese Beeinflussung in den Köpfen der Österreicher gewirkt hat. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. ) – Nein, das ist nicht meine Geisteshaltung, Herr Kollege Parnigoni, sondern das ist der Tenor von Meinungen von Journalisten. Ich weiß nicht, ob Sie die Stellungnahmen einer Anneliese Rohrer oder eines Michael Maier zum Zehnjahresjubiläum des Herrn Bundeskanzlers gelesen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben es aber auch – das betrifft jetzt die Ausländerpolitik – immer ängstlich vermieden, der Überbringer schlechter Nachrichten zu sein. Sie haben die immer stärker werdenden Probleme der Österreicher und die Notwendigkeit des Handlungsbedarfs in der Politik totgeschwiegen und verheimlicht. Wenn Ihnen heute Ihr Parteikollege, Herr Bürgermeister Häupl, unanständige Ausländerpolitik vorwirft, dann tut er dies entweder nur, weil Wahlen bevorstehen, oder er ist wirklich anderer Meinung als Sie, Herr Bundeskanzler.


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