Mit Politikern und Bürgern dieses Landes, die solche Gedankengänge haben, sie laut aussprechen, ist nicht über Menschenrechte zu reden. Ich habe mir schon längst abgeschminkt, Herrn Dr. Haider zu missionieren. Er will ja genau das Gegenteil. Ich meine, notwendig ist es, jenen anderen Teil des Auditoriums hier, aber auch die Öffentlichkeit von diesen Gedankengängen abzuhalten. Die Freiheitlichen werden diese Schiene nie verlassen, weil es ja – darauf hat Karl Öllinger heute schon und zum Teil auch, bei aller Scherzhaftigkeit, Kollege Cap hingewiesen –, was die Ideologie der Freiheitlichen betrifft, gar nicht anders geht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es beschäftigen mich nicht diese wahlkampftaktischen Züge des Dr. Haider, es ist sein Recht, eine Sondersitzung zu verlangen. Das ist ein Recht, das ihm gesetzlich zusteht, es ist in der Geschäftsordnung verankert – ihm und 36 oder 37 weiteren Mitgliedern des Nationalrates. (Abg. Dr. Pumberger: 40!)
Wenn jemand ein Recht, das ihm zusteht, in Anspruch nimmt, dann halte ich es für nicht opportun, von exzessivem Ausnützen oder von Mißbrauch zu reden, sondern es ist die Inanspruchnahme eines Rechts, so wie es das Recht eines türkischen Mannes ist, mit seiner türkischen Frau zusammenzuleben, und so wie es das Recht türkischer Kinder ist, bei ihren türkischen Eltern – egal, wo auf der Welt – zu leben, von ihnen erzogen zu werden und nicht von irgend jemand anderen. Herr Dr. Haider! Gleiches Recht für alle! (Beifall bei den Grünen.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich schon wieder zu lange dem Dr. Haider gewidmet, es geht ja eigentlich um diese Seite des Hauses. (Die Rednerin zeigt in Richtung der SPÖ.) Nicht Dr. Haider stört mich in seiner Argumentation, es stören mich Bescheide – einige diesbezügliche Beispiele sind heute von Karl Öllinger zitiert worden –, die Ausfluß einer Gesetzgebung sind, die nicht mit den Stimmen der Freiheitlichen beschlossen wurde. Ich habe hier auch einen solchen Bescheid, den ich in textbausteinmäßiger Ausfertigung schon mehrmals in Händen gehalten habe. Ihre Zustimmung war es – es geht um Familienzusammenführung –, die ermöglicht hat, daß ein österreichischer Beamter der MA 62, Wien, vollkommen zu Recht – ich billige es nicht, aber es ist zu Recht – gesetzesgemäß schreiben darf:
"Da nach den Erfahrungen des täglichen Lebens bei den als Erwachsene aus dem gleichen Kulturkreis wie die antragstellende Partei kommenden Personen" – es geht um Türke und Türkin – "auch nach mehrjährigem Inlandsaufenthalt eine insbesondere die Bereiche Sprache, Kommunikation mit der eingesessenen Bevölkerung und Anpassung an mitteleuropäische Sitten, Gebräuche und Lebensweisen umfassende Integration kaum stattfinden kann, würde eine bevorzugte Bewilligungserteilung an die antragstellende Partei, aus deren Antrag keinerlei ihre Integration erleichternden Umstände abgeleitet werden können, die aufwendigen Integrationsbemühungen für die hier lebenden ausländischen Mitbürger nur weiter erschweren."
Ein Türke, der mit seiner türkischen Frau in Österreich mehrere Jahre legal zusammenleben will – selbstverständlich legal, denn sonst müßte er sich gar nicht die Mühe einer Antragstellung machen –, sie haben noch gar keine Kinder, es ist also eine kleinstmögliche Familie, nur Mann und Frau, nicht einmal Mama und Papa, muß sich von einem österreichischen Beamten aufgrund bestehender österreichischer Gesetze anhören beziehungsweise schreiben lassen, daß er und seine Gattin nicht imstande seien, mitteleuropäische Sitten, Gebräuche und Lebensweise zu garantieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Solange Bescheide dieser Art keine Chance haben, behoben zu werden, weil sie nämlich rechtmäßige Interpretation bestehender Gesetze sind, solange herrscht Handlungsbedarf und solange werden wir Grüne, wir menschenrechtsbewegte Menschen in diesem Land uns nicht einlullen lassen durch die zwei Zungen, mit denen die SPÖ spricht: auf der einen Seite der liberale, fortschrittliche Dr. Einem, auf der anderen Seite die Scharfmacher aus dem ÖGB, die alle Integrationsbemühungen von Dr. Khol und Dr. Einem mit einer Pressemeldung zunichte machen.
Was glaubt denn eigentlich der ÖGB? – Ich brauche diese rhetorische Frage gar nicht zu stellen. Der ÖGB weiß ganz genau, daß diese Minimalvariante einer Verbesserung, die von Khol und Einem beabsichtigt war (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen) , nur im Sommer