Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 30. Sitzung / Seite 78

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seinem politischen Heimatbezirk, das sehr wohl sagen und dafür sorgen, daß man erfährt, mit welchem "Ernst", welchem Theater und welchem Spektakel er hier seine Rede abgezogen hat.

Herr Bundeskanzler! Sie haben das Wort "Zynismus" im Zusammenhang mit unserem Reintegrationsmodell geprägt. Der Herr Bundeskanzler ist leider nicht mehr hier, aber vielleicht kann man es ihm ausrichten. Wo bleibt Ihre Aufregung, Ihre helle Empörung, wenn in Wien die Bezirksvorsteher der Gürtelbezirke eine Absiedelung der Ausländer fordern, eine Verdünnung – wortwörtlich eine "Verdünnung der Ausländerkonzentration" – einfordern, und das auf sogenannter freiwilliger Basis? Das ist Zynismus! Wo bleibt da Ihre Aufregung, Ihre Empörung?

Aber ich möchte jetzt speziell als Wiener Abgeordnete konkret auf einige Beispiele eingehen. Ein wirklich historisches Datum – das sollte man sich merken – ist der 10. Juni 1996, und zwar deswegen, weil an diesem Tag ein klassisches und klares Schuldeingeständnis der SPÖ erfolgt ist, namentlich der Wiener SPÖ und wieder einmal in der Person des heute schon öfters zitierten Wiener Bürgermeisters Häupl, der meinte, zu welchem unzumutbaren und unverträglichen Zustand für die Bevölkerung von Wien die Zuwanderungspolitik der Regierung geführt hat. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

Er antwortete auf die Frage, ob man in der Vergangenheit mit dem Zuzug zu sorglos umgegangen ist – hören Sie zu, Herr Kollege Parnigoni, es wird Ihnen auch noch wie Schuppen von den Augen fallen; Sie sollten vielleicht einmal "Die Presse" vom 10. Juni lesen –, klipp und klar: ja; ein schlichtes, einfaches und klares Ja. Er redet nicht um den Brei herum (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie werden nervös, wenn Sie das hören, Herr Parnigoni!) und fügt den Satz dazu: Als jemand, der politisch in Ottakring groß geworden ist, konnte ich das alles hautnah nachvollziehen. – Na bitte, da haben wir es.

Die Vorarlberger Landesregierung hat errechnet – das wurde heute schon angeschnitten, aber es kann nicht oft genug wiederholt werden –, daß durch das Integrationspaket eine Zuwanderung von 153 000 Personen zu erwarten ist. Offensichtlich hat hier die Vorarlberger Landesregierung Wien außer acht gelassen, weil der dortige sozialistische Stadtrat Hatzl, der für die Zuwanderung und Ausländerpolitik zuständig ist, klipp und klar gesagt hat, daß durch diese Familienzusammenführung allein in Wien – nicht in ganz Österreich – 100 000 bis 150 000 zuwandern werden, und zwar innerhalb kürzester Zeit, und das verkraften wir nicht.

Dennoch erklären Sie, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP – es dürfte jetzt in den Reihen der ÖVP geklärt sein, ob die ÖVP gesagt hat, daß Österreich ein Einwanderungsland ist oder nicht, diesbezüglich sind die Diskrepanzen offensichtlich aus dem Weg geräumt –, daß Österreich ein Einwanderungsland ist. Offensichtlich haben Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, jegliches politische Feingefühl und jegliche Sensibilität verloren, was man politisch real der Bevölkerung und den Menschen zumuten kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber Realismus ist – ich zitiere Christoph Kotanko vom "Kurier" vom 27. Juli 1995, der das definiert hat –, daß Österreich kein Einwanderungsland ist. Realismus heißt also, daß Österreich kein Einwanderungsland ist.

Man muß sich diese Studie "Wien 2010", aus der heute schon mehrfach zitiert wurde, noch einmal genauer zu Gemüte führen und vor allem auch das Vorwort lesen, da im Vorwort der genaue Schlüsselsatz für die gesamte Einwanderungs- und Ausländerpolitik der Regierung zu finden ist. Ich wiederhole, daß diese Studie aus dem Jahr 1990 stammt – sie ist also nicht von heuer, nicht aus dem vorigen Jahr, sondern sie wurde bereits vor sechs Jahren im Auftrag der Magistratsabteilung 18 erstellt und mit österreichischen Steuergeldern bezahlt; sie war nicht sehr billig.

Da ist zu lesen: Altbürgermeister – damals noch Bürgermeister – Dr. Helmut Zilk – ich erinnere daran, er ist auch von der SPÖ – sagte: Mag sein, daß das Flüchtlingsboot voll ist, aber das Einwandererschiff ist leer. Meine Damen und Herren! Damit ist eigentlich klipp und klar gesagt, welcher Kurs angesteuert wurde, welchen Kurs man eingeschlagen hat, denn als 75 000 bis 80 000 bosnische Kriegsflüchtlinge nach Österreich gekommen sind, hat man bei Flüchtlingen


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