Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 35

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

In bezug auf Arbeitschaffen haben wir ja soeben einen Punkt in der Aktuellen Stunde diskutiert, der unglaublich wichtig ist: Bildung. Bildung ist der "Rohstoff" Nummer 1 im 21. Jahrhundert. Wissen ist das, was wir zuallererst vermitteln müssen, damit sich die jungen Leute in einem harten Wettbewerb behaupten können. Und unser Kapital sind eben nicht Energie und Bodenschätze, die irgendwo in der Erde vergraben sind, sondern vor allem die jungen Menschen. Diese gilt es zu mobilisieren, zu motivieren. Diesbezüglich erwarte ich mir, daß Bildungsminister, Wissenschafts- und Unterrichtsminister gemeinsam mit dem Wirtschaftsminister tätig werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich glaube, daß zusätzlich ein Bündnis, ein faires und ordentliches Bündnis für Arbeit notwendig sein wird, das Flexibilisierungen, Modernisierungen, Liberalisierungen, Deregulierungen einschließt, aber immer im Auge behält, daß dies zum gemeinsamen Vorteil aller Handelnden, also der Wirtschaft, aber auch der Arbeitnehmer, der Arbeitsplätze und der Investoren notwendig ist – nicht einer allein darf den Vorteil dabei haben.

Ich erwarte mir von einem modernen Wirtschaftsminister, daß er das "Unternehmen Österreich" in den Griff bekommt, gemeinsam mit allen anderen Politikern; jene 50 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, für die wir eben die Verantwortung tragen. Die Privatwirtschaft kann sich selber helfen, aber rund 50 Prozent werden umverteilt – hoffentlich gerecht und fair – durch die öffentliche Hand, und das macht sehr viel aus: durch die Verkürzung der Dienstwege, durch den Zukauf von öffentlichen Leistungen, durch die Privatisierung, durch raschere Abwicklungen von Verwaltungsverfahren. Da hat der neue Wirtschaftsminister gemeinsam mit den Ländern und Gemeinden ein reiches Betätigungsfeld.

Und zuletzt erwarte ich in diesem Bereich eine Exportoffensive, denn wir dürfen nicht vergessen, daß im Moment die Konjunktur fast ausschließlich durch den Export gestützt wird. Dank dem EU-Beitritt konnten wir ja im vergangenen Jahr 8 Prozent reale Exportzuwächse verzeichnen. Im Vergleich dazu: Deutschland: 3 Prozent, die Schweiz, die nicht bei der Union ist: unter 2 Prozent. Und da soll der österreichische Wirtschaftsminister vor allem in Europa, in Brüssel die Weichen mitstellen. Wir wollen, daß eine aggressive Marktöffnungspolitik österreichischen Unternehmungen Chancen auf den Weltmärkten ermöglicht.

Ich möchte außerdem, daß sich die Europäische Kommission als Anwalt österreichischer Exportinteressen in Asien, in Amerika, in Lateinamerika – wo immer auf der Welt – versteht, und das wird eines der Hauptthemen der Europapolitik in der nächsten Zeit sein.

Wir Politiker sollen und müssen die Exportwirtschaft dabei unterstützen, wie dies etwa Bundespräsident Klestil beziehungsweise ich selbst vor zwei Tagen in der Türkei gemacht haben, wie dies der Bundeskanzler im Moment in Saudi-Arabien macht, oder Frau Staatssekretärin Benita Ferrero-Waldner in Lateinamerika. Das gehört heute zum selbstverständlichen Miteinander von Politik und Wirtschaft, und das soll ein moderner Wirtschaftsminister leisten können.

Das zweite große Thema ist Europa – einiges habe ich schon gesagt –, denn wir dürfen nicht vergessen, daß wir mit der Umsetzung der europäischen Richtlinien mit ungefähr 85 Prozent immer noch an vorletzter Stelle sind, und ich möchte, daß wir diesbezüglich aktiv und selbstbewußt besser werden. Da der Wirtschaftsminister quasi der "Binnenmarktminister" ist, daher auch querschnittartig für andere Ressorts in Brüssel verhandeln und die Verantwortung übernehmen muß, wird dies einer der wichtigsten Schwerpunktbereiche seiner Arbeit sein.

Und zuletzt – damit will ich schließen – erwarte ich mir vom neuen Wirtschaftsminister, daß er eine ebenso gute Achse bildet, wie das Johannes Ditz mit dem auch nicht ganz alten, sondern relativ neuen Finanzminister Viktor Klima getan hat, denn eines sei gesagt: Wir haben mit den zwei Budgets für 1996 und 1997 die Voraussetzungen dafür geschaffen, daß wir am Euro teilnehmen können, daß wir vor allem aber unseren Standort besser absichern – aber gesichert ist das alles noch nicht. Meiner Einschätzung nach ist ein eisernes Sparen vor allem im Vollzug der beiden Budgets und über die Jahre 1996 und 1997 hinaus notwendig, denn nur dann können wir ohne weitere Sanierungspakete durchkommen. Das ist ein Auftrag, der uns alle trifft,


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite