Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 89

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ihren Protest artikulieren. Und so lange es einigermaßen diszipliniert und demokratisch zugeht, kann man es nicht von vornherein verbieten oder verteufeln. (Zwischenruf der Abg. Tichy-Schreder. )

Liebe Frau Präsidentin! Ich wünsche es mir auch nicht, aber es geht nicht an, daß man sagt: Es gibt zwei Möglichkeiten: entweder sozialpartnerschaftlichen Konsens und alles unter der Tuchent "ausmauscheln" (Bundesminister Mag. Klima: Ihre Worte!) – meine Interpretation, das gebe ich zu, Sie sagen: konsensual ausverhandeln und einen Kompromiß finden –, oder, wenn wir das nicht erreichen, es droht der Straßenmob! Dieser Vergleich ist nicht zulässig.

Und noch etwas, Herr Bundesminister: Auch Sie müssen doch wissen, daß der Konsens und der Kompromiß natürlich auch die Qualität beeinflussen. Sie müssen doch wissen, daß es hin und wieder einfach Dinge gibt, wo ein Kompromiß nicht die Qualität mit 50 Prozent annimmt, sondern wo der Kompromiß die Qualität vernichtet, wo nach dem Kompromiß eine Qualität nicht mehr vorhanden ist. Und bei solchen Maßnahmen, meine Damen und Herren, insbesondere Sie von der ÖVP, sollten Sie sich wehren und nicht dem Konsens das Wort reden.

Herr Bundesminister Klima, Sie haben richtig konstatiert, daß sämtliche Rahmenbedingungen des Wirtschaftens und alles, was drumherum ist, in den letzten Jahren und insbesondere seit unserem EU-Beitritt einer dramatischen Wandlung unterworfen waren und daß es nur mehr wenig Vergleichbares gibt, das vorher gegolten hat. Aber ich glaube, daß die Politik in derselben Zeit nicht oder bei weitem nicht ausreichend eine vergleichbare Änderung durchgemacht hat. In der Politik haben wir den Zustand ante. Wir haben keine mitgewandelte Politik, wir haben auch bedauerlicherweise keine mitgewachsenen Instrumentarien. Und, Herr Bundesminister, weil die Menschen das spüren und weil sie spüren, daß auch die österreichische Politik zu feige geworden ist, das eine oder andere, auch Innovative durchzusetzen und zu wagen, das Wagnis des Unbekannten, auch das Wagnis des Risikos auf sich zu nehmen, deshalb haben sie das Vertrauen verloren und sind desillusioniert.

Herr Bundesminister! Sie sagen ja ganz richtig, wir brauchen optimistische Unternehmer und keine Jammerer und keine Berufspessimisten, wie es sie auch hier im Saale gibt. Ich gebe das zu: Ich gehöre nicht zu den ausgeprägten Exemplaren dieser Gattung, aber ich habe Ihnen schon einmal gesagt: Leider Gottes sehe ich auch keinen besonderen Grund, optimistisch zu sein. Aber wenn Sie sagen, daß dieser Optimismus notwendig ist, daß unter Zwang, Resignation und Desillusionierung langfristig keine Stabilität und keine wirtschaftliche Prosperität zu erreichen sind, dann stimme ich Ihnen zu. Ja, Herr Bundesminister, wenn Sie mehr Wagnis, mehr politische Innovation einbringen würden, dann, glaube ich, könnten wir diesbezüglich einen Schritt weiterkommen. Aber so dürfen Sie sich nicht beschweren und nicht beklagen, wenn die Unternehmer dieses Landes Ihren Optimismus eben nicht teilen.

Nun zu Ihnen, Herr Bundesminister für Handel. (Abg. Tichy-Schreder: Für wirtschaftliche Angelegenheiten!) – Jetzt bin ich selber ganz verwirrt, denn jetzt habe ich nachdenken müssen: Heißt er jetzt Farnleitner oder Farngruber? – Ich weiß aber, daß Sie Farnleitner heißen. (Abg. Haigermoser: Ohne h!) Ja, das weiß ich schon. Herr Bundesminister Farnleitner! Das Ressort, das Sie jetzt übernommen haben und das schon seit vielen Jahren ÖVP-Ministern vorbehalten war, hat bedauerlicherweise aufgrund eines wirklich lächerlichen Koalitionsgehaders bei der letzten Regierungsumbildung nicht das Gewicht bekommen, das es eigentlich verdienen würde. Ich finde, es ist wirklich eine haarsträubende Lächerlichkeit und eine Blamage in dieser Welt, daß der arme Scholten Bundesminister für Wissenschaft, Kunst und Verkehr ist. Die Kombination allein ist dermaßen pervers, daß ich sagen muß, es ist eine Schande für diese Koalition, und es ist eine Schande für dich, Kurt, und alle, die ihr da sitzt, daß ihr nicht hergehen und sagen konntet: Jawohl, eine Kombination zwischen dem verbleibenden Verkehrsministerium und dem Bundesministerium für Handel wäre sinnvoll, und dann kann noch einiges an Agenden an das Finanzministerium übertragen werden. Das wäre sinnvoll gewesen, Herr Bundesminister! Es wäre auch ein bisserl innovativ gewesen, es hätte ein Signal gegeben, daß es nicht mehr um den Parteienstreit geht, nicht mehr um die Abgrenzung von Einflußsphären, sondern daß sachliche Motive im Vordergrund stehen und nicht kleinkariertes Parteidenken. (Beifall beim Liberalen Forum.)


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