Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 186

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Ich möchte diese Thematik nur ganz kurz skizzieren, denn um fast 23 Uhr, glaube ich, ist es nicht die richtige Zeit, um das in aller Tiefe zu erörtern. Wir haben in Österreich ungefähr 200 000 bis 250 000 Arbeitslose. In Wirklichkeit sind es viel mehr, wenn man berücksichtigt, daß durch verschiedene Maßnahmen das Arbeitskräfteangebot in Österreich drastisch reduziert wurde.

Wenn Sie berücksichtigen, daß wir etwa 150 000 bis 200 000 Pensionisten haben, die in Frühpension gegangen sind, jedoch noch arbeitsfähig wären, wenn Sie berücksichtigen, daß wir 120 000 Karenzurlauberinnen und eine Handvoll Karenzurlauber haben, die früher oder später auf den Arbeitsmarkt zurückkommen wollen, und wenn Sie berücksichtigen, daß wir wahrscheinlich ungefähr 100 000 arbeitswillige Ausländer haben, die zwar eine Aufenthalts-, aber keine Arbeitsbewilligung haben, so kommen Sie auf einen aktuellen Stand von rund 600 000 nicht beschäftigten Ausländern und Inländern, die früher oder später gerne einen Arbeitsplatz hätten – nicht unbedingt sofort –, von der offiziellen Arbeitslosenstatistik jedoch in keiner Weise erfaßt sind. Auf diesem Gebiet bahnt sich – auch bezüglich der Ausländer – ein gewisser Handlungsbedarf an; darüber haben wir heute allerdings nichts gehört.

Die Dynamik auf dem Arbeitsmarkt verändert sich zuungunsten der Beschäftigung. Es war auch schon bisher so, daß jedes Jahr im Schnitt ungefähr 20 Prozent, etwa ein Fünftel der Beschäftigten, arbeitslos geworden sind, größtenteils aber relativ kurze Zeit später wieder Arbeit gefunden haben. All diese Werte sind aber seit einigen Jahren im Steigen begriffen.

Aus den Worten von August Gächter – das ist ein Forscher am Institut für Höhere Studien in Wien – läßt sich einiges entnehmen. Er meint, daß die Beschäftigung allmählich episodischer wird. Mit episodisch meint er, daß der Anteil der unterbrechungslos Beschäftigten abnimmt; bei der Dauer der Beschäftigungsepisoden ist das auch der Fall. Mit anderen Worten: Die Unternehmen – auch in Österreich – lagern ihre Arbeitskräftereserve – im Gegensatz zu früher – zunehmend in den Arbeitsmarkt aus. Das ist für Österreich ein neues Phänomen – für die Vereinigten Staaten, wie Herr Minister Farnleitner heute bereits erwähnt hat, natürlich nicht.

Ich hätte mir auch einige weitere Worte über die Technologiepolitik gewünscht. Im Koalitionsübereinkommen stand dazu noch, daß Teile der Privatisierungserlöse den Forschungs- und Technologieförderungen zugeführt werden sollen. – Wenn die Privatisierungserlöse jedoch ausbleiben, werden in der Folge natürlich auch diese Zuführungen ausbleiben. Es ist überhaupt nicht absehbar, wann die CA und die Bank Austria und so weiter privatisiert werden.

Im Koalitionsübereinkommen war auch davon die Rede, daß die Förderungen auf wirtschaftsnahe Forschung und Entwicklung und die Zukunftsindustrie, wie zum Beispiel – wie ich hier lese – "Umwelttechnik", "Energietechnik", "Medizintechnik" und so weiter konzentriert werden sollen. Ich glaube nicht, daß in dieser Beziehung schon viel geschehen ist.

Im Koalitionsübereinkommen stand eine Seite weiter, das war auf der Seite 9, folgendes – ich nehme an, das wird Minister Farnleitner interessieren –: "Zusätzliche Lehrstellen in der Wirtschaft sind zu schaffen." – Niemand weiß wahrscheinlich besser als Sie, daß der Staat nicht einfach dekretieren kann, daß die Wirtschaft zusätzliche Lehrstellen schafft.

Was heißt denn das? Welche Anreize werden Sie geben, um diese zusätzlichen Lehrstellen zu schaffen? Ich glaube, wir wollten das vor einem Jahr einmal im Industrieausschuß debattieren, doch hat seither der Industrieausschuß nie wieder getagt und ist heuer noch kein einziges Mal zusammengetreten. (Abg. Dr. Frischenschlager: Warum eigentlich?) Ich glaube deshalb, weil sich ÖVP und SPÖ über ein bestimmtes Detail hinsichtlich der Lehrlingsförderung – wenn ich mich nicht irre – nicht einigen können.

Herr Minister, wie stehen Sie schließlich zu der Frage – weil Sie das amerikanische Beispiel auch zitiert haben – betreffend Arbeitskosten? Ist die Arbeit in Österreich teuer oder billig genug oder zu teuer, oder ein bißchen zu teuer? Das ist eine interessante Debatte, der man sich stellen muß – egal, ob man mag oder nicht. Es gäbe Möglichkeiten, nämlich über das Steuersystem, den Faktor Arbeit zu verbilligen, ohne an den Nettolöhnen etwas zu verändern. Das ist eine alte Debatte, und das vertreten nicht nur wir Grünen, auch Herr Haigermoser nickt dazu.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite