Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 187

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Das Steuersystem kann dazu verwendet werden, einen Anreiz zu geben, Personal einzustellen, aber natürlich auch dazu, Personal abzubauen. Die Lohnsummensteuern in Österreich, die in Summe etwa 70 oder 80 Milliarden Schilling betragen dürften, sind sicherlich eher ein Anreiz dafür, Personal abzubauen, anstatt einzustellen.

Zur Industriepolitik: Dazu haben wir heute, finde ich, am allerwenigsten gehört. Das ist auch nicht besonders überraschend, denn die Industriepolitik hat in Österreich schon immer ein ganz merkwürdiges Schattendasein geführt. Es ist auch nicht wirklich klar und eindeutig, wer in Österreich für Industriepolitik zuständig ist. Das ist ein bißchen ... (Rufe bei der SPÖ: Koppler! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Neben dem Abgeordneten Koppler ist es der Finanzminister, der Wirtschaftsminister, einige Kompetenzen obliegen dem Umweltminister.

Es hat sich auch nach dem neuen Koalitionsübereinkommen nichts geändert. Ein Teil der Kompetenzen liegt sogar beim Wissenschaftsminister. Das Technologiekonzept wurde meines Wissens nach seinerzeit vom Wissenschaftsministerium beauftragt, liegt aber noch immer unerledigt auf.

Es gibt ja – Herr Minister Farnleitner wird das besser wissen als ich – in der Industrie großflächige Veränderungen, die, auf den kürzesten Punkt gebracht, so beschrieben werden können: weg vom alten fordistischen, tayloristischen, hierarchischen Fabriksprinzip, wo der Trend von der strengen alten Gliederung – nämlich oben der Generaldirektor und unten der Hilfsarbeiter – zu flachen, horizontal gegliederten Strukturen geht. Diese Veränderungen sind auch mit einer organisationsrechtlichen Ausgliederung von kleinen und kleinsten Unternehmungen verbunden, die dann statistisch in der Regel dem Dienstleistungssektor oder dem Gewerbe zugehörig sind und insofern den Abbau der Zahl der Industriebeschäftigten – statistisch gesehen – etwas verzerrt darstellen.

Diese Entwicklung hat auch in Österreich auf breiter Ebene eingesetzt. Die Fragen sind jetzt: Reagiert die Politik darauf? Ist das ein Thema oder nicht? Tangiert es die Sozialdemokraten? Diese Entwickung fördert natürlich nicht die Position der Gewerkschaften. Die Gewerkschaften sind in Großunternehmen schon immer leichter organisierbar gewesen als in kleinen; das kann also die Position der Gewerkschaften in Österreich nicht fördern. Es stellt sich dazu nun die Frage: Wird das einfach hingenommen oder überlegt man sich etwas?

Zweiter Punkt im Rahmen der Industriepolitik: Sie hat im Zuge des EU-Beitritts einen neuen Rahmen, neue Spielräume und neue Grenzen bekommen. Dazu nur zwei Stichworte: die Förderungspolitik einerseits und die Wettbewerbspolitik andererseits. Die Förderungspolitik ist schwieriger geworden, das finde ich als Ökonom, ehrlich gesagt, auch total okay. Es gibt grundsätzlich ein Subventionsverbot, im Gegensatz zu früher, wo alles und jedes gefördert werden konnte, und von diesem Subventionsverbot gibt es nur ganz bestimmte Ausnahmen.

In der Folge würde das zum Beispiel bedeuten, daß die Investitionsförderung im Rahmen der Industriepolitik zurückgeht, möglicherweise zugunsten anderer Instrumente. Die Frage ist allerdings: zugunsten welcher Instrumente? Es wird schwieriger zu begründen sein, bestimmte Branchen und Industrieunternehmen zu subventionieren, denn das muß nach Brüssel berichtet werden. Es ist argumentations- und begründungspflichtig, und außerdem – das ist nicht unbedingt ein speziell österreichisches Problem, aber wir erleben das auch –: Es gibt im Rahmen der Regionalpolitik natürlich unangenehme Nebeneffekte der Industriepolitik, wenn beispielsweise ein Unternehmen in der Steiermark nahe der burgenländischen Grenze existiert, und eines im Burgenland nahe der steirischen Grenze, und dort aufgrund unterschiedlicher Zielgebietsabgrenzungen das burgenländische Unternehmen gefördert wird, das steirische jedoch nicht. Das ist volkswirtschaftlich häufig überhaupt nicht sinnvoll.

Die Frage ist auch, ob diese Maßnahme nicht dem Diskriminierungsverbot anderer EU-Richtlinien widerspricht. Gibt es in Österreich Überlegungen, das auf eine neue Basis zu stellen? Gibt es Überlegungen, speziell die Klein- und Mittelunternehmungen, die auch nach den EU-Richtlinien vom Subventionsverbot weitgehend ausgenommen wurden, speziell zu begünstigen? Was stellen Sie sich diesbezüglich vor?


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