Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 188

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Nun zur Wettbewerbspolitik. Sie haben, nehme ich an, den Zeitungen entnommen, daß Österreich in letzter Zeit öfter gerügt worden ist, zum Beispiel wegen Verletzung von Ausschreibungsrichtlinien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in St. Pölten und wegen international verbotener Preisabsprachen. Die Verwunderung, mit der das hierzulande manchmal aufgenommen wird, zeigt meiner Meinung nach, daß noch nicht ganz verstanden worden ist, daß die Industriepolitik 1996 eine andere Basis hat, als das 1993 der Fall war.

Zur E-Wirtschaft. Herr Bundesminister, Sie haben sich in Presseaussendungen schon dazu geäußert, heute leider noch nicht. Tatsache ist, daß die Europäische Union nach achtjährigen Vorbereitungen und achtjährigen Verhandlungen vor wenigen Tagen – zu meiner Überraschung, muß ich sagen – eine Richtlinie über die Neuorganisation der Elektrizitätswirtschaft in Europa beschlossen hat. Diese sieht im wesentlichen vor, daß Wettbewerb auf der Produktionsebene zugelassen wird, daß auf der Netzebene das Monopol bleibt, das ist vom technischen Standpunkt gesehen auch nicht wesentlich anders möglich, und daß die Distributionsebene von den beiden anderen Ebenen, also von der Transmission beziehungsweise von der Erzeugung getrennt wird.

Auf diese Weise wird es möglich sein, auf internationaler Ebene einen gewissen Wettbewerb auch in der E-Wirtschaft einzuführen – im Gegensatz zu den letzten 50 Jahren. Diese Richtlinie sieht vor, daß zunächst einmal rund ein Viertel des Strommarktes, und innerhalb der nächsten zehn Jahre rund ein Drittel des Strommarktes dem Wettbewerb geöffnet wird, allerdings nur dem Wettbewerb für große Industrieunternehmen – groß im Sinne von großer Stromnachfrage. Die Frage aus österreichischer Sicht ist jetzt zum Beispiel: Was ist mit bestimmten Stadtwerken? Werden diese in dieses Liberalisierungskonzept eingebunden oder nicht? Denn das ist von der EU-Richtlinie nicht geregelt, in bezug darauf gibt es einen österreichischen Spielraum. (Abg. Mag. Ederer: Was ist der Vorschlag?)

Der Herr Minister hat sich dazu schon geäußert – ich weiß nicht, ob kurz vor oder nach der Kommissionsentscheidung –, daß er sich im Prinzip für das sogenannte Unbundling ausspricht, also die Trennung zwischen diesen drei Ebenen, und zwar – wenn ich das nicht falsch verstanden habe – an sich noch schärfer als die EU-Richtlinie. Gemäß der EU-Richtlinie würde es genügen, wenn diese Ebenen buchhalterisch, rechnerisch, getrennt werden. Minister Farnleitner hat sogar von einer Aufspaltung der Unternehmen gesprochen, was ich persönlich durchaus positiv bewerte. Das würde mir tatsächlich besser gefallen, als das rein Rechnerische – vorausgesetzt natürlich, aus grüner Sicht, daß es daneben noch ökologische, flankierende Maßnahmen gibt.

Es ist ohne weiteres einsichtig, daß eines unserer "Dauerbrennerthemen" die Differenzierung nach der Art der Stromerzeugung im Rahmen der Besteuerung ist. Diese Differenzierung wurde leider bei der Elektrizitätsabgabe versäumt, also die Differenzierung nach kalorisch, nach Wasser, nach erneuerbaren Energien, wie zum Beispiel Wind, Photovoltaik und so weiter. Steuertechnisch wäre es kein besonderes Problem, die Kraft-Wärme-Kopplungen besonders zu begünstigen, oder sich zu überlegen, durch welche Art von Anreizen beziehungsweise Sanktionen die Winterstromerzeugung in Österreich von den fossilen Kraftwerken stärker weggebracht werden kann. Wir werden in dieser Beziehung sowohl ein Einspeisungsgesetz brauchen, als auch die heute schon erwähnte Betonung des Least-cost-planning, das heißt, die Berücksichtigung volkswirtschaftlich günstiger Kosten und nicht nur betriebswirtschaftlicher Überlegungen.

Sobald diese Rahmenbedingungen zusätzlich erfüllt sind, sind wir durchaus gerne bereit, auch über den zusätzlichen Wettbewerb innerhalb der E-Wirtschaft zu reden. Ich hoffe, daß Minister Farnleitner, der seine "Pappenheimer" ja kennt – das wurde in den Kommentaren zu seinem Amtsantritt immer wieder betont –, er kennt nämlich, nehme ich an, auch die potentiellen Interessensgegensätze zwischen Verbundgesellschaft und den Landesgesellschaften, einen weiteren Schritt in diese Richtung setzen wird. Ich hoffe, daß der zusätzliche Wettbewerb in diesen Gegensätzen nicht irgendwo versickert.


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