Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 32. Sitzung / Seite 56

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Fehler man macht. Ich glaube, der Patient hat Anrecht darauf, daß ein Arzt fachlich so gut wie möglich ausgebildet ist, denn nur das kann vor vielen Fehlern schützen. (Abg. Dr. Pumberger: Du hast den falschen Arm eingegipst!)

In einem Zeitalter, in dem sich das medizinische Wissen alle fünf Jahre verdoppelt, glaube ich, ist es grob fahrlässig, daß man einfach sagt: Na wir machen da so eine Ausbildung nebenbei, weil die Naturheilkunde nicht richtig abgedeckt ist. Da wird zum Beispiel in dem Curriculum noch angegeben, was man alles in dem einen Jahr an den Wochenenden lernt. Da ist die Rede von Chyrotherapie – das ist manuelle Medizin, das ist das Einrichten von Gelenken. Ich habe diese Methode selbst gelernt, ich habe dazu drei Jahre gebraucht – drei Jahre! –, zusätzlich zu meiner medizinischen Ausbildung, die ich schon habe. Und ich muß Ihnen sagen: Ich bin noch immer Lernender. (Abg. Dr. Graf: Manche lernen’s nie!) Vielleicht bin ich zu bescheiden, vielleicht bin ich blöd, aber ich bin Lernender. (Abg. Dr. Pumberger: Das merkt man eh!)

Da steht weiters: Psychotherapie. Also wenn ich Psychotherapeut wäre, würde ich mich aufregen, wenn ich mir meine Kenntnisse in sechs Jahren durch Selbsterfahrung erworben habe – da muß ich gar nicht Arzt sein –, während ein anderer sich eine Video-Kassette einlegt und dann von sich behauptet, Heilpsychotherapeut oder Heilpraktiker mit Psychotherapie zu sein.

Neuraltherapie: Wenn Sie bei der Neuraltherapie wo falsch reinstechen, können Sie dem Patienten ins Grab verhelfen.

Auch wenn das noch so verlockend ist, zu jemandem hinzugehen und zu sagen: Kommt endlich von diesen Schulmedizinern weg – der Begriff "Schulmedizin" wird ja bewußt als Keule verwendet, ist ja pfui-gack – und wendet euch endlich an einen sanften Naturheiler!, muß ich Ihnen sagen, manche Methoden sind dann gar nicht sanft: wenn man erstens die Krankheit nicht oder zu spät erkennt oder wenn man sie zweitens falsch behandelt oder drittens dem Patienten vielleicht eine falsche Methode aufschwatzt, weil man sich nicht auskennt.

Ich kann diesbezüglich ein Beispiel bringen, das vielleicht mehr sagt als theoretische Worte: Meine Mutter hatte Brustkrebs. Und genau Krebspatienten sind die Patienten, die am ehesten Heilung abseits der eingefahrenen Pfade suchen, weil sie meinen, es müsse da noch etwas geben, was man tun könne. Da hat die Schulmedizin, wenn Sie so wollen, ein Defizit zu verzeichnen.

Meiner Mutter wurde jede Woche irgend etwas Neues eingeredet, von irgendwelchen gut meinenden Freundinnen, die mit irgendeiner Zeitung dahergekommen sind. Einmal war es die Saftkur, einmal war es ein spezieller Wurzeltee, einmal waren es irgendwelche geheimnisvollen Steine, die sie sich auf die Brust legen sollte. Meine Mutter war wirklich arm, sehr arm, weil sie völlig verwirrt war am Schluß, sie hat niemandem mehr geglaubt. Man braucht in einer solchen Situation jemanden, der einen durch dieses Dickicht der Verwirrung führt.

Das ist vielleicht auch eine Selbstanklage an die Ärzte, wenn Sie so wollen. Die Ärzte müssen sich an der Nase nehmen und diesbezüglich mehr tun. Ich bemühe mich auch, eine Lehre daraus zu ziehen, daß man auch in der Praxis Naturheilmethoden anbietet.

Aber es kann doch bitte nicht so sein, daß man einfach sagt: Weil ein Teil der Ärzte das noch nicht gemacht hat oder nicht machen wird, schütten wir das Kind mit dem Bade aus und machen wir die Video-Fortbildung um 130 000 S, mit Studienabbrechern als Dozenten.

Ich glaube, das kann ein verantwortungsvoller Gesetzgeber nicht unterstützen und das dann noch mit blumigen Wort wie "sanft", "Bio" und "Naturheilkunde" verbrämen.

Frau Haidlmayr! Ich schätze Sie wirklich sehr, aber ich glaube, Sie unterliegen da einem Irrtum: Nicht alles, was Natur ist, ist auch wirklich sanft. (Beifall bei der ÖVP.)

Deshalb möchte ich noch einmal daran erinnern, daß wir eine Verpflichtung des Staates haben, vor allem den chronisch Kranken wie Asthmakranken, Krebskranken, HIV-Patienten gegenüber, die gerne in alternative Methoden ausweichen. Es ist furchtbar genug, wenn ein Arzt da


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