sorgung in Europa völlig neu zu ordnen und dabei die Alternativmedizin gleichberechtigt zu integrieren. – Also ganz so weltfremd sind die Menschen nicht, die meinen, daß Eigenverantwortung wichtig ist und daher Heilpraktiker nicht zu verbieten sind. Es geht hier um die Frage des Verbietens.
In diesem Sinn hat sich meine Kollegin Motter positioniert. Sie hat keine Werberede für Heilpraktiker gehalten, sie hat nicht gesagt: Gehen Sie nicht zum Arzt, gehen Sie zum Heilpraktiker!, sondern sie hat gemeint, hier müsse man liberal und offen sein. (Beifall beim Liberalen Forum.)
Da habe ich noch eine letzte Frage in dem Zusammenhang: Wo ist die Abgrenzung vom Heilpraktiker zur Homöopathie? Ist das einzige Merkmal vielleicht jenes, daß der Homöopath möglicherweise außerdem auch ein ausgebildeter Mediziner ist? Wo ist diese Abgrenzung? – Sie sehen, in dem Moment, wo man anfängt, in diesen Feldern falsch abzugrenzen, bevormundet man die Menschen und entmündigt sie.
Sosehr ich auf Ihrer Seite bin, daß es sicher gut, vernünftig und sinnvoll für den Arzt ist, über ein ausgiebiges Studium und auch eine Fachausbildung zu verfügen, sosehr sage ich Ihnen, die Fachausbildung wird nicht besser sein als die Redlichkeit des Arztes, sein Wissen auf dem Stand zu halten. Und Sie werden mir nicht widersprechen können, daß es hinlängliche Beispiele dafür gibt, daß ein einmal niedergelassener Arzt dann nur mehr vor sich hin ordiniert und keineswegs sein Fachwissen auf dem letzten Stand hält. Wie wollen Sie dann mit solchen Problemen umgehen? Vielleicht, indem Sie ihm plötzlich nach Gutdünken die Befugnis für die Praxisausübung wieder entziehen? – Ich meine, man muß hier mehr Mut zum Risiko und mehr Mut zur Eigenverantwortung haben.
Ein zweiter Aspekt, dem ich mich noch einmal zuwenden möchte, sind die Gruppenpraxen. Und hier knüpfe ich noch einmal an den Vorrednern an, die gemeint haben: Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger hat das verhindert! Jetzt frage ich Sie: Kann der Hauptverband etwas verhindern, wenn der Gesetzgeber sich nicht schrecken läßt? Denn an und für sich geht es darum, daß wir in den Gesetzen eine Bestimmung brauchen, wonach Gruppenpraxen erlaubt, zulässig sind. Wir wissen, sie sind sinnvoll. Und nur weil der Hauptverband damit keine Freude hat, trauen wir uns nicht, das zu beschließen? Das kann ja nicht der Grund sein! Der Grund ist vielmehr ein falsches Verständnis von Sozialpartnerschaft.
Ich sage Ihnen: Sie haben ein falsches Verständnis von Sozialpartnerschaft. Wenn der Hauptverband meint, er hat Bedenken, dann ist das ernst zu nehmen und darüber zu diskutieren, aber das kann doch nicht der Grund sein, eine vernünftige Einrichtung nicht zu beschließen, noch dazu, wo Vertreter der ÖVP hier ausführlich gesagt haben, sie sind für die Gruppenpraxen. Wir sagen, wir sind für die Gruppenpraxen. Die Freiheitlichen sagen, sie sind für die Gruppenpraxen. Bitte, das ist eine Mehrheit. Sich dann nur deswegen, weil der Hauptverband das nicht möchte, nicht einmal trauen – das ist schlecht, denn das heißt nämlich in Wirklichkeit Selbstlähmung.
Überlegen wir einmal, warum der Hauptverband dagegen ist. Ich sage es Ihnen, es ist ganz einfach: Er hat Angst, daß die Gruppenpraxen effizienter sein werden als die Krankenkassenambulatorien – Grund eins. Zweitens: Er befürchtet, daß die dadurch verbesserte extramurale medizinische Versorgung mehr Kosten verursachen wird, und freut sich nicht darüber, daß gleichzeitig Kosten in den stationären Bereichen eingespart werden, weil das Krankenhaussystem so verquer ist und weil außerdem die Sozialversicherungsträger teilweise selber Krankenhäuser betreiben. Und wer wird sich selber sein Geschäft ruinieren?
Das ist übrigens ein Beweis mehr, daß es nicht gut ist, wenn Sozialversicherungsträger selber Krankenhäuser betreiben und selber Ambulatorien haben, weil sie dann auf einmal in einem Interessenkonflikt sind: Wer ist stärker: Ich oder Ich? Das ist schlecht und ein Grund, noch mehr die Gruppenpraxen zu fordern, zumal jeder weiß, daß eine verbesserte medizinische Versorgung durch Gruppenpraxen gleichzeitig langfristig geringere Kosten des Gesamtsystems bedeutet, aufgrund größerer Heilungschancen, kürzerer Krankenstände, früherer Erkennung und so weiter. (Beifall beim Liberalen Forum.)