Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 32

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also über Grundsätze nachzudenken, die die Leitlinien für jene Regelungen, von denen hier die Rede ist, sein sollten.

Für mich ist einer der wichtigen Grundsätze für die Politik schlechthin, aber vor allem jetzt auch in diesem Bereich, daß nicht der Druck der Öffentlichkeit entscheidend sein sollte, sondern eine sachgerechte Güterabwägung. Ich sage das deswegen gleich am Anfang als erstes Prinzip, weil wir uns bei der jetzigen Debatte mit einer sehr ernsthaften demokratiepolitischen Frage auseinanderzusetzen haben und weil ich unterstelle, daß diese Güterabwägung und diese sachgerechte Diskussion nicht stattgefunden haben – weder innerhalb des Parlaments noch außerhalb des Parlaments. Es ging hier um nichts anderes, als dem Druck der Öffentlichkeit voranzueilen und irgendeine Regelung aufs Tapet zu bringen, nur um das Thema relativ schnell vom Tisch zu haben.

Das zweite Prinzip, der zweite Grundsatz: Ich glaube, daß die Tätigkeit der Politiker nicht kasuistisch zu regeln ist. Es ist nicht nur eine Illusion, es ist ein völliges Mißverständnis, das zu glauben, und zwar einfach deswegen, weil eben für den einen Politiker die politische Tätigkeit Vollberuf ist oder auch sein muß, für den anderen wiederum Nebenberuf ist und auch sein soll.

Ich wünsche mir eine Mischung in diesem Parlament, und zwar eine Mischung von Politikern, die daneben auch einen Beruf ausüben, und von solchen, die aufgrund ihrer Funktion im Augenblick nur die politische Tätigkeit als Beruf haben. Aber es ist auch ein Unterschied der Lebensverhältnisse, es ist ein Unterschied, wo jemand lebt, woher er kommt, ob jemand aus Bregenz oder aus Wien kommt. Es ist ein Unterschied, ob jemand zu seinem Arbeitsplatz kommt, wenn er zweimal um die Ecke geht, oder ob er aus einem von Wien weiter entfernten Bundesland kommt, wo der Aufwand ein viel höherer ist.

Es ist auch ein Unterschied, ob man Beamter, ob man Angestellter, ob man Freiberufler, ob man ein kleiner Gewerbetreibender oder ein großer Unternehmer ist. Zu glauben, daß all diese Lebensverhältnisse mit einer kasuistischen Regelung unter einen Hut zu bringen sind, ist Unfug. Das ist nicht nur eine Illusion, sondern das ist eine Täuschung der Bürgerinnen und Bürger. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Das führt mich aber bereits zu einem dritten Grundsatz: Der Politiker kann nicht wie ein Beamter oder eine Beamtin bezahlt werden. Ich glaube, daß es bereits ein Grundfehler der letzten Reform war, die Politikertätigkeit an die Beamtentätigkeit zu koppeln, gerade weil diese Tätigkeit eine Tätigkeit der besonderen Art ist.

Ich glaube daher, daß die freiberufliche Tätigkeit weitaus vergleichbarer mit der politischen Tätigkeit ist als die Beamtentätigkeit. Was Sie jetzt machen – das ist für mich das Schmerzliche –, ist: Sie reduzieren den Politiker, die Politikerin auf die Ebene eines legistischen Beamten. Was Sie jetzt tun, ist, nicht anzuerkennen, daß der Politiker ein Teil eines Obersten Organes ist, daß er Gestalter der Politik zu sein hat. Sie entpolitisieren dieses Parlament. Das ist die Katastrophe, die mit der jetzigen Bezügeordnung passiert. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Was Sie jetzt tun, ist, daß Sie den künftigen Ansehensverlust, der vorprogrammiert ist, jetzt auch noch gesetzlich regeln. Damit kommt für mich eine neue Dimension in diesen Ansehensverlust.

Wir haben diesen Ansehensverlust der Politik und des Parlaments schon oft hinnehmen müssen: durch Skandale einerseits, durch Fehlentwicklungen andererseits, durch sonstige Mißstände und durch Fehlreaktionen, durch alles mögliche. Aber jetzt programmieren Sie diesen Ansehensverlust, und Sie regeln ihn auch noch gesetzlich, denn was Sie jetzt tun, ist, ein völlig neues Anforderungsprofil des Politikers zu schaffen. Sie tun so, als wäre die Sitzungstätigkeit hier die einzige politische Tätigkeit, die zu entlohnt werden hat. Das, was Sie tun, ist ehrlich gestanden nichts anderes als das, was die Freiheitlichen Skurriles tun, die glauben, mit der Stechuhr könne man die Tätigkeit eines Politikers regeln.

Sie machen auch nicht viel anderes mit Ihren Dienstreisevorschriften und ähnlichem mehr. Was aber hier passiert – das ist das Schmerzliche dabei –, ist, daß Sie damit das Parlament ent


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