Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 207

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Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Jäger. – Bitte, Frau Abgeordnete.

1.02

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Angesichts der vorgeschrittenen Stunde möchte ich nur drei Anmerkungen zum jüngst stattgefundenen Osteuropagipfel des Weltwirtschaftsforums in Salzburg machen.

Erstens: Dieser Gipfel ... (Abg. Ing. Reichhold: Können Sie zu den vorliegenden Abkommen auch etwas sagen, Frau Kollegin?) Ich werde schon darauf eingehen, das ist meine Sache. (Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich gehe auf die Punkte 4 bis 7, Partnerschaftsverträge der EU mit osteuropäischen Ländern, ein, und in diesem Zusammenhang halte ich diesen Gipfel für die Entwicklung und Zukunft der osteuropäischen Länder für außerordentlich wichtig. (Beifall bei der SPÖ.)

Daß diese Gipfelgespräche nun jedes Jahr in Salzburg stattfinden sollen, ist von großer Bedeutung für Österreichs Positionierung in seiner wichtigen Brückenfunktion und als Bindeglied zwischen der EU und Osteuropa.

Zweitens: Eine langfristige Öffnung der Europäischen Union ist historisch-politisch unumgänglich. Die Integration Mittel- und Osteuropas ist eine der größten Herausforderungen für Europas Konkurrenzfähigkeit weltweit.

Unsere Aufgabe muß es sein, Österreichs Chance der Ostöffnung zu nützen. Firmen, die derzeit bereit sind, in diesen Ländern zu investieren, müssen von uns verstärkt gefördert werden. Voraussetzung ist jedoch, daß die Ängste der Bevölkerung hinsichtlich der Investitionen in osteuropäische Länder abgebaut werden. Die Gefahr der Niedriglöhne und der Auslagerung von Arbeitsplätzen ist nicht von der Hand zu weisen. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, daß längerfristig der wirtschaftliche Aufschwung in Osteuropa vor allem bei uns wieder Wirtschaftszweige in der Konsumgüterindustrie fördern wird. Voraussetzung ist allerdings, daß auch für die EU die Einforderung von Sozial- und Umweltklauseln und Umweltstandards von den osteuropäischen Ländern Priorität haben muß, damit die zunehmende Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt abgefedert wird.

Drittens: Ich halte es für sehr problematisch, daß viele osteuropäische Länder den Beitritt zur NATO in der jetzigen Situation anstreben. Ich halte auch die Aussage des Bundespräsidenten Klestil und die Forderung der ÖVP und der FPÖ nach einem sofortigen NATO-Beitritt für äußerst problematisch (Beifall bei der SPÖ) – dies vor allem deswegen, weil ein umfassendes europäisches Sicherheitssystem nur unter Einbeziehung Rußlands funktionieren kann. Der russische Präsidentenberater Dmitri Ryurikow kritisierte erst vor kurzem, wie man über einen guten Willen sprechen könne, wenn man die mächtigste Streitmacht bis an die Grenze Moskaus vorantreibe.

Weil ein NATO-Beitritt auch eine massive finanzielle Investition in neue Waffensysteme und in eine Aufrüstung Osteuropas bedeutet, werden gerade in einer Zeit, da dringend finanzielle Mittel gebraucht würden, um die zivile Produktion in diesen Ländern zu stärken und zu fördern, diese Mittel abgezogen und in den Ankauf neuer Waffensysteme investiert, die eben bei einem Beitritt zur NATO benötigt werden.

Aus diesem Grund ist es mir wichtig, daß diese Frage eines gesamteuropäischen Sicherheitssystems umfassend diskutiert wird. Wir werden uns daran intensiv zu beteiligen haben, aber zum momentanen Zeitpunkt, denke ich, ist der NATO-Beitritt abzulehnen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

1.07

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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