Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 168

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"Ohne ein weiteres Abkommen mit Japan werden wir 1997 keine Lieferungen mehr haben." (Semperit-Vorstand Bernd Bartha; APA, 14. Mai 1996).

Finanzminister Mag. Klima und Wirtschaftsminister Dr. Ditz sicherten angesichts dieser Ent-wicklung zu, eine "task force" (Arbeitsgruppe) einzurichten, "die die Kompensationsgeschäfte mit Japan wiederbeleben soll".

In der 2. Sitzung der EU-Unterausschüsse vom 18. April 1994 hatte der damals amtierende Wirtschaftsminister Dr. Schüssel noch folgendes ausgeführt:

"Der zweite Bereich, auf den ich kurz eingehen möchte (...), ist die Frage von Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union und außerhalb der EFTA, die mit uns spezifische Regelungen im Zollbereich gehabt haben. (...) Zum Beispiel hatten wir im Bereich der Autoindustrie mit Japan eine recht günstige Lösung, die sicherstellte, daß die japanischen Autos mit einem niedrigeren Zoll – statt 20 nur 4 Prozent – belegt waren, wenn der österreichische Zulieferanteil nach Japan einen bestimmten Prozentsatz, nämlich 25 Prozent der japanischen Autoexporte nach Österreich, betroffen hat. Diese Regelung hat dazu geführt, daß wir eigentlich ein sehr gutes Potential mit Japan aufgebaut haben. Wir haben etwa im Jahr 1992 (...) automotive Produkte von 3 533 Millionen Schilling nach Japan exportiert. (...)

Diese Regelung ist natürlich mit dem EU-Beitritt nicht mehr zu halten. Wir werden daher einen gemeinsamen Außenzoll gegenüber Drittstaaten haben und befürchteten daraus gewisse Nachteile für Zulieferer Österreichs nach Japan.

Ich bin daher selber nach Japan gefahren und habe mit den dortigen Behörden und Ministern Gespräche geführt, wie das sein wird, wenn die EU für uns entsprechende Quoten festlegt und dann mit Japan entsprechende Vereinbarungen abzuschließen hat.

Das Ergebnis war ermutigend. Die Japaner haben akzeptiert, daß hier ein Problem besteht, das im österreichischen Sinn gelöst werden muß, und die EU hat dafür akzeptiert, daß sie die volle Importquote auf die bisherigen EU-Importe drauflegt. (...)

Wir haben sichergestellt, daß die volle österreichische Quote auf den gesamten österreichischen EU-Anteil draufgelegt wird, und wir haben überdies ein Commitment schriftlich vereinbart, das sicherstellt" – wörtliches Zitat –, "daß die Kommission der Europäischen Union sofort in Konsultationen mit Japan eintritt, sobald die Beitrittsverhandlungen abgeschlossen sind, mit dem Ziel, einerseits den Japanern entsprechende Ziffern anzubieten für die Importe und auf der anderen Seite von Japan ein Commitment, eine Verpflichtungserklärung, zu bekommen, daß die bisherigen Importe Japans aus Österreich von automotiven Produkten beibehalten werden sollen. Diese Verpflichtung dauert fünf Jahre und endet mit dem 31. Dezember 1999."

Im Vorfeld der EU-Volksabstimmung versprach der nunmehrige Vizekanzler und damalige Wirtschaftsminister also der existentiell gefährdeten Autozulieferindustrie das Blaue vom Himmel und nahm offenbar in Kauf, nach einem erst einmal erfolgten EU-Beitritt als – freundlich formuliert – "Schönfärber" enttarnt zu werden.

Die tatsächlichen Entwicklungen im Bereich der Autozulieferindustrie zeigen einmal mehr, was die Versprechungen der Bundesregierung wert sind.

Aus oben angeführten Gründen richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten nachstehende

dringliche Anfrage:

1. War die österreichische Bundesregierung bereits vor dem Beitritt Österreichs zur EU von den zu erwartenden katastrophalen Folgen für die Kfz-Zulieferindustrie und die negativen volkswirtschaftlichen Effekte im Falle eines Zusammenbruchs des Japangeschäfts informiert, und wenn ja,


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