Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 130

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Meine Damen und Herren! Das politische Frühwarnsystem der Freiheitlichen hat auch in der Frage der Berufsausbildung funktioniert. Herr Dr. Vranitzky! Seit Jahren sagen wir Freiheitlichen Ihnen, Sie müssen auf der Ebene der Lehrlingsausbildung etwas tun. Immer dann, wenn wir einen Vorstoß unternommen haben, haben Sie gesagt: Wir müssen und wir werden etwas tun. (Abg. Koppler: Das ist von euch im Ausschuß abgelehnt worden! – Abg. Mag. Stadler: Nein!) Ist ja nicht wahr. Meine Damen und Herren, wir waren die Initiatoren der Lehrlingsenquete, wenn Sie das vielleicht noch in Erinnerung haben. Wir haben Ihnen ein Lehrlingsprogramm vorgelegt! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Jetzt lese ich, daß die SPÖ und die ÖVP plötzlich der Meinung sind, daß die Vorschläge der Freiheitlichen doch richtig sind. Das polytechnische Lehrjahr muß in ein Berufsgrundbildungsjahr umgewidmet werden. Das kommt mir sehr bekannt vor, wie aus unseren Anträgen. (Abg. Koppler: Das habt ihr abgelehnt!) Jetzt kommen Sie daher und sagen plötzlich, Sie müssen einen Absetzbetrag für die Lehrlingsausbildung einführen, etwas, was Sie hier im Haus wiederholt von den Freiheitlichen vorgeschlagen bekommen haben und von Ihnen abgelehnt wurde, und vieles andere mehr.

Meine Damen und Herren! Dasselbe gilt für die Frage der Ausländer. Das Frühwarnsystem, die FPÖ hat Ihnen schon mehrmals gesagt, wenn Sie weiterhin billige ausländische Arbeitskräfte ins Land holen, werden Sie eine dramatische Verschärfung der Arbeitslosigkeit im ungelernten Bereich, aber auch im angelernten Bereich haben. – Es ist eingetreten. Erst mit einer Spätfolge haben Sie im Herbst mit den Stimmen der Freiheitlichen dann ein Antimißbrauchsgesetz beschlossen, nachdem Sie zuerst nicht geglaubt haben, daß mit dem EU-Beitritt ohne flankierende Maßnahmen ein Lohndumping stattfinden wird, das auf dem Rücken der fleißigen österreichischen Arbeitnehmer ausgetragen werden wird. Da haben Sie nicht gehandelt.(Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben Ihnen auch vor dem EU-Beitritt gesagt, Herr Bundeskanzler, daß, wenn Sie nicht rechtzeitig die Weichen stellen, das Japangeschäft für die Firma Semperit und für die gesamte Autozubehörindustrie verlorengehen wird. Es hängen immerhin 8 700 Arbeitsplätze direkt damit zusammen, es sind immerhin viele namhafte Firmen, die auch international aktiv sind. Denn Semperit macht zu 50 Prozent Geschäft mit Japan. Also tun Sie etwas vor dem EU-Beitritt!

Damals haben Sie geantwortet, das sei alles geregelt. – Jetzt erfahren wir, daß überhaupt nichts geregelt ist. Ihr eigener Wirtschaftsminister, Herr Dr. Vranitzky, der damalige Wirtschaftsminister Dr. Schüssel, hat hier im Parlament gesagt, wir hätten ein commitment mit Japan vereinbart, daß bis zum Jahre 1999 die Lieferungen ungeschmälert weitergeführt werden können. Das war eine glatte Unwahrheit auf dem Rücken Tausender Arbeitnehmer! Jetzt stehen 2 400 Semperitarbeiter vor einer ungelösten Zukunft. Jetzt stehen weitere 4 000 bis 5 000 Arbeitnehmer aus den Zulieferbetrieben vor einer ungelösten Zukunft, nur weil Sie sich nicht um jene Dinge gekümmert haben, auf die wir rechtzeitig – im Sinne des Frühwarnsystems – hingewiesen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Jetzt können Sie natürlich sagen: Herr Dr. Haider, wir regeln das schon! Aber was gilt denn wirklich noch ein Kanzlerwort, Herr Bundeskanzler? Was gilt das eigentlich noch? Was gilt eigentlich überhaupt noch in der Regierung?

Sie sagten bereits am 11. April 1996 im Zusammenhang mit der Semperit-Krise, man müsse jetzt eine Belebung der Exporte nach Japan rasch verhandeln. Krisengipfel mit Vranitzky, Schüssel, Verzetnitsch, Maderthaner geplant.

Am 11. April, zwei Jahre nach dem EU-Beitritt, wollen Sie die Verhandlungen für das Japangeschäft aufnehmen, da Sie plötzlich erkannt haben, daß nichts geregelt ist. Da wird angekündigt, daß gemeinsam mit dem Wirtschaftsminister Ditz ein task-force zum Thema Semperit und Japangeschäfte eingerichtet wird.

Gestern erfahren wir vom neuen Wirtschaftsminister, daß er bei der letzten Besprechung nicht einmal eingeladen war. Er ist aber jener, der zuständig ist, um mit Japan zu verhandeln, Herr Bundeskanzler! Wieso lassen Sie denn wirklich in der Regierung die Zügel so schleifen? Jemandem, der aus der sozialdemokratischen Bewegung kommt, muß es doch ein Anliegen


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