Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 224

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Fortsetzung der Sitzung: 12. Juli 1996

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich begrüßen und bitte Sie, die Plätze einzunehmen. Ich nehme die unterbrochene 36. Sitzung des Nationalrates wieder auf.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Ing. Maderthaner und Schöll.

Wir fahren in der Verhandlung der Tagesordnungspunkte 8 bis 18 fort.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Verzetnitsch. – Bitte, Herr Abgeordneter.

9.02

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! In diesen Tagen haben Tausende von Jugendlichen vielleicht die erste Woche ihrer Lehrzeit hinter sich. Zehntausende von Jugendlichen beenden in diesen Tagen ihre Lehrzeit, die vor drei Jahren begonnen hat.

Daran zeigt sich auch, wie schnell sich die Einstellung zur Lehrlingsausbildung ändert. Vor etwa drei Jahren haben verschiedene Berufsgruppen noch für "Karriere mit Lehre" geworben. Eine generelle Werbeaktion hat das begleitet. Man warb um Lehrlinge, weil man zu wenige Lehrlinge hatte. Es hat sich an der Grundstruktur im Prinzip nichts geändert, aber dennoch sind wir heute damit befaßt, daß viele Betriebe meinen, Lehrlingsausbildung sei zu teuer, Lehrlingsausbildung rechne sich nicht. Herr Abgeordneter Peter hat ja gestern in seiner Rede ein solches Beispiel die Kosten betreffend zitiert.

Ich habe mich gestern – Sie wissen, daß ich ein gewisses Faible dafür habe – erkundigt, wie es denn aktuell ausschaut für einen Gas- und Wasserleitungslehrling in Wien. – Ich muß Ihnen sagen: Überraschenderweise kommt eine offene Lehrstelle auf 148 Lehrstellensuchende. Und daher müssen wir – ob wir wollen oder nicht – auch unter dem Zeichen einer freien Marktwirtschaft, die ja zukunftsorientiert sein soll, Förderaktionen unterschiedlichster Art in Angriff nehmen, damit die Lehrstellensituation nicht zu einer Dramatik wird.

Förderaktionen in Wien, in der Steiermark, in Kärnten sind ganz konkret vorhanden. In Oberösterreich, im Burgenland und in Niederösterreich werden sie überlegt. Besonders wichtig sind solche Förderaktionen für die Bundesländer Burgenland, Steiermark, Oberösterreich und Wien deswegen, weil in diesen Bundesländern auf eine offene Lehrstelle 2,6 – das ist ein bißchen seltsam, aber rechnerisch ergibt sich das so – Lehrstellensuchende kommen. In den anderen Bundesländern verfügen wir über eine wesentlich bessere Situation am Lehrstellenmarkt.

Meine Damen und Herren! Wenn gestern die Redner der Freiheitlichen Partei unter anderem gemeint haben, die Aktion, die wir im Industrieausschuß für die Lehrwerkstätten gesetzt haben, sei zu einseitig, ein falsches Signal an die ganze Wirtschaft, weil damit nur Lehrwerkstätten gefördert werden, dann möchte ich Sie daran erinnern, meine Damen und Herren, daß das in Wirklichkeit der letzte Schritt ist und nicht ein einseitiges Signal. Es ist leider so, daß es sehr lange gedauert hat, bis wir auf einen gemeinsamen Nenner kommen konnten, aber Faktum ist, daß es österreichweit heute bereits gültige Förderungsmaßnahmen neben den Förderungsmaßnahmen aus den Bundesländern gibt, nämlich 4 000 S für jeden Lehrbetrieb, der über das Berufsbild hinausgehend mehr anbietet, oder 6 000 S für Lehrwerkstätten – eine besondere Aktion für jene Betriebe, wo Mädchen in nicht traditionellen Frauenberufen ausgebildet werden. Das erscheint mir deswegen wichtig, weil es leider noch immer so ist, daß Mädchen überwiegend in zwei Berufsgruppen zu finden sind: nämlich bei den Friseuren und bei den Einzelhandelskaufleuten. Und wenn man sich die Arbeitslosenrate dieser beiden Berufe ansieht, dann weiß man, daß da eine besondere Information über Berufschancen und Berufsaussichten notwendig ist, damit nicht Menschen drei Jahre lang ausgebildet werden, um unmittelbar darauf eigentlich keine Arbeit zu finden.

Aber das eigentlich Entscheidende, das im Industrieausschuß gelungen ist mit dieser Entschließung, die heute auch dem Parlament vorliegt, ist, daß man dem Grundsatz nach mehrheit


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