Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 232

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werkstätten eingetreten. Das finde ich, Herr Kollege, mehr als beschämend. (Beifall bei der SPÖ und Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Von 1980 bis 1995 ist die Gesamtzahl der Lehrlinge in Niederösterreich um 36,9 Prozent gesunken; von ursprünglich 31 628 jungen Menschen sind 1995 nur mehr 19 832 Lehrlinge in niederösterreichischen Industrie- und Gewerbebetrieben in Ausbildung gestanden.

Die Österreichischen Bundesbahnen als größtes Transportunternehmen unseres Landes beschäftigen zirka 62 500 Menschen, darunter rund 1 200 Lehrlinge, das sind zirka 2 Prozent der Beschäftigten. Vor zehn Jahren war dieses Verhältnis mit 71 000 zu 1 300 etwa gleich.

Die Ausbildungsphilosophie der ÖBB als Dienstleistungsbetrieb wie auch bei der Firma J. M. VOITH in St. Pölten kann nur im Wettbewerb erfolgreich bestehen, wenn motivierte und fachlich hochqualifizierte Mitarbeiter ihre Aufgaben initiativ, flexibel, aber auch kreativ erfüllen. Die Lehrlinge der ÖBB werden ausschließlich in Lehrwerkstätten ausgebildet, und ich bin stolz, daß ich vor 39 Jahren in dieses Unternehmen eingetreten bin. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Meisinger und Blünegger. )

Die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten erfolgt nach modernsten Methoden im Hinblick auf eindeutig festgelegte Ausbildungsziele. Ein eigener innerbetrieblicher Theorieunterricht beziehungsweise Laborunterricht begleitet die praktische Ausbildung und ergänzt den Berufsschulunterricht. Facharbeiter zum Nulltarif wird es auch in Zukunft nicht geben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Rekrutierung von Fachspezialisten für den Eisenbahnbetrieb auf dem freien Arbeitsmarkt ist schwierig und außerdem stets konjunkturabhängig. So ist die Ausbildung hochqualifizierter Facharbeiter als eine volkswirtschaftliche Verpflichtung zu sehen. Dies hat auch in der Verleihung der Auszeichnung staatlich ausgezeichneter Ausbildungsbetriebe der Österreichischen Bundesbahnen und der Firma J. M. VOITH durch den Wirtschaftsminister 1995 insofern seinen Niederschlag gefunden, als als Verleihungskriterium die regelmäßige Ausbildung in einem Umfang, der der Betriebsgröße entspricht, als eine der Vorraussetzungen zu erfüllen war. Derzeit wird in vielen Betrieben die Ausbildung eingestellt beziehungsweise auf ein Minimum, dem Eigenbedarf entsprechend, reduziert. Anhand von einem Beispiel einer Zeitung sei diese Entwicklung dokumentiert.

Ich zitiere auszugsweise aus der "Wiener Wirtschaft", der wöchentlichen Publikation der Wirtschaftskammer Wien, vom 27. Oktober 1995:

Durch das Zurückziehen aus der Lehrlingsausbildung wird unsere Wirtschaft in absehbarer Zeit mit dem Problem des Facharbeitermangels schwer zu kämpfen haben. Selbst nicht mehr auszubilden, aber einem Konkurrenten einen ausgebildeten Facharbeiter abzuwerben ist nicht nur teuer, sondern funktioniert vor allem dann nicht mehr, wenn auch dieser die Ausbildung bereits eingestellt hat. – Das steht in dieser Zeitung.

Die Vielfalt der im technischen Bereich der Unternehmungen zu erbringenden Leistungen würde eine ebenso große Anzahl an Lehrberufen bedingen. Aus ökonomischen Überlegungen und aufgrund jahrzehntelanger Erfahrungen begrüße ich daher die neue Möglichkeit, sich während der Ausbildungszeit am Beispiel des Maschinenschlossers auch Kenntnisse vom Anlagenmonteur und Betriebselektriker gleichzeitig aneignen zu können.

Die Weiterbildung nach der Lehre in Lehrwerkstätten, im besonderen durch die Teilnahme an Werkmeisterschulen, HTL-Absolvierung, bis hin zu universitären Studien ist vielfältig dokumentiert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße daher auch den Entschließungsantrag 16/A (E) betreffend finanzielle Förderung von Ausbildungsbetrieben.

Die sozialdemokratische Fraktion erteilt daher gerne ihre Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

9.41


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