Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 126

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Aber, Frau Kollegin, das Einsperren alleine nützt schon gar nichts. Wenn wir daher von Prioritäten reden, die gesetzt werden sollen, dann frage ich Sie, warum Sie uns nicht unterstützt haben in unserem ständigen Bemühen darum, daß wir – das ist auch eine Frage des Budgets, und dafür sind Sie auch zuständig – für die Betreuung in den Gefängnissen Vorsorge treffen? Haben Sie sich eigentlich die letzten Ziffern über das Verhältnis von Strafgefangenen und U-Häftlingen in der Relation zu Psychologen und zu Psychiatern angeschaut? Ich kann Ihnen die Ziffern sagen: Auf ungefähr 7 500 Strafgefangene und 1 500 U-Häftlinge kommen 17 Psychiater und 49 Psychologen.

Zugegebenermaßen gibt es auch noch Werkverträge. Wie lange es die bei der derzeitigen Regelung noch geben kann, ist ja sowieso eine Frage. (Abg. Dr. Fekter: Dem Kinderschutz gelten unsere Prioritäten!) Wie meinen? (Abg. Dr. Fekter: Dem Kinderschutz gelten unsere Prioritäten!) Dann frage ich mich, warum Sie nicht bislang schon tätig geworden sind, wo Sie seit 1987 in der Regierung sitzen. Ich darf Sie nur daran erinnern. Ich halte es nämlich wirklich für schlimm, daß wir dieser Betreuung in den Gefängnissen – mit "wir" meine ich jetzt die Mehrheit in diesem Parlament – bislang eben wirklich zu wenig Augenmerk zugewendet haben.

Und weil Sie ja immer so gerne auf Zuruf der Zeitungen reagieren und auch jetzt Ihre Prioritätensetzung offensichtlich deswegen erfolgt und Sie deswegen jetzt so reagieren (Abg. Dr. Fekter: Es ärgert Sie, daß ich darauf reagiere! Das stört Sie!) , weil es eben nicht nur Konferenzen gibt, sondern auch eine Berichterstattung darüber, wäre es schön gewesen, wenn Sie auch darauf reagiert hätten, als über das Frauengefängnis Schwarzau ein Bericht in einer Zeitschrift stand, durch den dieses Problem auch ganz deutlich geworden ist, indem eine – noch dazu die einzige – Psychologin dieser Frauenanstalt wörtlich sagte, sie quittiert deswegen den Dienst, weil die therapeutische Arbeit dort unmöglich geworden ist. 130 Frauen, 30 Alkoholikerinnen, 25 Heroinsüchtige, viele Schizophrene und so weiter – eine einzige Psychologin dort.

Das ist nämlich das eigentliche Problem, und ich glaube, daß wir uns daher viel mehr damit auseinandersetzen sollten, was dann passiert, wenn ein solcher Mißbrauch aufgezeigt ist. Nachher komme ich noch zu den Wurzeln dieses Mißbrauches.

Da ist es für mich einerseits eben notwendig, daß die Täter – auch Täterinnen, aber überwiegend Täter – eine entsprechende Behandlung bekommen und auf diese Weise auch die Chance größer wird, daß, wenn sie dann das Gefängnis verlassen, ihre Abartigkeit reduziert oder gar geheilt ist. Darum geht es ja, denn wenn der herauskommt, ist er sonst nicht anders als vorher, nämlich wie er hineingekommen ist, und da hätten wir alle nichts davon. Aber es geht mir auch darum, wie mit den Opfern umgegangen wird.

Deswegen – auch hier hätten Sie schon tätig werden können – haben wir heute einen Initiativantrag eingebracht, von dem ich hoffe, daß er im Ausschuß auch eine entsprechende Beachtung finden wird. Darin geht es darum, jene Sexualdelikte, bei denen überwiegend Minderjährige verletzt oder gefährdet werden, und dann andere Delikte noch dazu, von denen ausschließlich Minderjährige betroffen sind, in die Zuständigkeit der Jugendgerichte zu übertragen. Ich glaube, daß das deswegen notwendig ist, weil wir zwar ein Instrumentarium geschaffen haben, das die Pein, die diese Kinder erleben müssen, wenn ein solches Gerichtsverfahren stattfindet, nicht noch vergrößern soll, aber dieses Instrumentarium erfordert einfach ein erhöhtes Ausmaß an Einfühlsamkeit in die kindliche Psyche, Wissen auf dem Gebiet der Psychologie, der Pädagogik und auch der Sozialpsychologie. Das haben unsere Richter im Regelfall nicht, und es fehlt ihnen auch das Verständnis, verschiedene Instrumente einsetzen zu können. Hingegen arbeiten bei den Jugendgerichten geschulte Menschen, die gewöhnt sind, mit jungen Menschen umzugehen, die gewöhnt sind, sich mit Kindern auseinanderzusetzen, die daher auch intakte Kontakte zu den Kinder- und Jugendanwaltschaften, zu den Jugendämtern und so weiter haben, sodaß sie auch eine ganz andere Vertrauensstellung gegenüber diesen Einrichtungen und den dort handelnden Personen genießen. Damit, aber auch durch die Konzentration der Verfahren gewährleisten sie eine Qualität der Verfahrensführung – jedenfalls ist die Chance eine weit höhere –, wie sie dem Interesse dient, damit diesen Kindern weitere Qualen erspart bleiben oder diese gelindert werden.


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