Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 136

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in Zukunft ernster genommen werden. Allerdings müssen dafür auch mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden. In diesem Fall darf sicher kein Sparpaket Platz greifen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Wir haben Erfahrungswerte aus zahlreichen Untersuchungen, vor allem aus den USA, wo dieses Tabuthema wesentlich besser erforscht wird als in Europa. So stellten 1995 die Autoren in einer veröffentlichten Analyse fest, daß im Durchschnitt 19 Prozent der therapeutisch behandelten Personen rückfällig geworden sind. In den Kontrollgruppen ohne Behandlung betrug die Rückfallquote aber 27 Prozent. Man kann jetzt sagen, daß diese Differenz zwischen Rückfall und Erfolg gering ist. Ich möchte dem aber entgegenstellen, daß jeder einzige Rückfall, der durch Behandlung und Therapie hintangehalten werden kann, ein Erfolg ist. Denn wenn man sich das Leid vor Augen hält, das eine Tat im Hinblick auf Kindesmißhandlung zur Folge hat, so muß man, wenn man diese vermeiden kann, von einem Erfolg sprechen.

Wir sollten daher auch in Österreich Therapie und Kontrolle in Zukunft mehr Augenmerk schenken – Frau Kollegin Fekter und auch Frau Kollegin Rauch-Kallat! –, auch im Hinblick auf Kinderschutz. Meine Kollegin Dr. Schmidt ist von Ihnen sicher bewußt falsch verstanden worden. Sie hat niemals gesagt, daß der Täter geschützt werden soll, sondern das Kind.

Meine Damen und Herren! Wir wissen, und es ist erschreckend, daß es eine große Zahl von Kinderschändern auch in Österreich gibt. Die letzten Meldungen in den Medien sprechen eine Sprache, die uns allen noch mehr die Augen öffnen sollte. Eine öffentliche Sensibilisierung bei diesem Thema ist als erster Schritt dringend notwendig.

Die Medien haben zweifellos dazu beigetragen, daß das Thema Kindesmißbrauch wieder einmal in der Öffentlichkeit publik geworden ist. Allerdings möchte ich in diesem Zusammenhang auch an die Verantwortlichen der Medien appellieren, nicht mit diesem abscheulichen Kindergeschäft zusätzlich die Auflagenzahl der Zeitung zu erhöhen. Denn der Respekt vor den Kindern sollte gewahrt bleiben. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte auch noch auf den Kinderschutz eingehen. Wir sollten endlich zur Kenntnis nehmen, daß in unserer Gesellschaft Kinder einen Eigenwert haben. Kinder sollten daher nicht nur einen materiellen Wert haben, bei dem es nur um Beihilfen und Staffelung dieser Beihilfen geht oder um die Frage, wo man ein Kind kostengünstiger unterbringt. Wenn ich an die letzten Familiendebatten hier im Hohen Haus denke, dann, muß ich sagen, war wenig von Kinderrechten zu hören.

Meine Damen und Herren! Kinder sind eigene Persönlichkeiten, die auch das Recht haben sollten, einmal "nein" zu sagen. Es sind daher alle aufgerufen, ein Umfeld für unsere Kinder zu schaffen und sie darin zu bestärken, in ihrer Selbstwahrnehmung auch leben zu können.

Herr Familienminister! Auch Sie sind aufgerufen, sich hier noch mehr einzubringen.

Wichtig und notwendig scheint es mir daher zu sein, gewaltlose Erziehung in unserer Gesellschaft noch mehr bewußt zu machen, denn Gewalt gegen Kinder wird sicher erst dann vermindert werden können, wenn sich die Einstellung gegenüber Kindern insofern ändert, als Kinder als eigenständige Menschen mit Bedürfnissen und Wünschen angesehen und nicht als Besitz betrachtet werden. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Es scheint mir daher wichtiger denn je zu sein, daß die gesellschaftspolitische Forderung, daß Gewalt in der Kindererziehung keinen Platz in der Gesellschaft haben darf, auch in das Gesetz Eingang findet. Denn es ist sicher nicht zielführend, wenn erst auf Kinder eingegangen wird, wenn sie bereits Opfer geworden sind oder wenn bereits Schädigungen feststellbar sind, die ein ganzes Leben zerstört haben.

Es darf daher nicht bei einer Anlaßgesetzgebung bleiben, sondern was wir tun müssen, ist, alles zu unternehmen, uns weiterhin ernsthaft für die Rechte der Kinder einzusetzen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.02


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