Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 137

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste gelangt die Frau Bundesministerin zu Wort. Ich erteile es ihr.

18.02

Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wir diskutieren heute ein sehr erschütterndes Thema, nämlich das Thema sexuelle Gewalt an Kindern. Die erschütternden Zahlen, die der Familienminister genannt hat, zeigen uns, wie weit menschliche Sucht führen kann. – So weit, daß Kinderkörper verletzt, Kinderseelen zerstört werden, Kinderzukunft kaputt gemacht wird.

Wir müssen uns vor allem auch mit der Täterstruktur beschäftigen. Von Fachleuten ist inzwischen festgestellt worden, daß sexueller Mißbrauch einer Suchtstruktur unterliegt. Mißbraucher haben verzerrte, gestörte Ansichten, besonders über Frauen und Kinder. Es ist auch festgestellt worden, daß es keine einmaligen Ausrutscher gibt. Mißbraucher rechtfertigen und entschuldigen, rationalisieren und verleugnen ihre Taten. Und die Taten sind geplant, beabsichtigt und nicht aus impulsiven Gründen heraus begangen.

Meine Damen und Herren! Wenn wir das hören, dann wissen wir, daß Prävention noch viel breiter anzulegen ist. Ich stimme meinem Kollegen Dr. Michalek zu, Strafrecht hat einen Beitrag zu leisten. Dieser reicht aber bei weitem – bei weitem! – nicht aus und kommt meistens zu spät, nämlich dann, wenn die Kinderseele schon verletzt und zerstört ist.

Ich bin auch sehr froh darüber, daß der Justizminister auch ein Mistreiter ist im Bereich des Schutzes der 14- und 15jährigen. Das gehört auch zu dem gesamten Bereich dazu. (Abg. Dr. Khol: Ein etwas müder Mitstreiter!)

Ich meine, daß Prävention in allen Gesellschaftsbereichen stattzufinden hat, daß es ein Netzwerk braucht, wie es jetzt schon gesagt wurde, ein Netzwerk in der Familie, in der Gesellschaft, in den Kindergärten, in der Schule. Was ich besonders wichtig finde, ist die Stärkung der Persönlichkeit des Kindes. Wirksame Prävention ist Stärkung der Persönlichkeit des Kindes. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wirksame Prävention besteht auch in der Stärkung des Kindes, sich zu wehren, abzugrenzen und nein zu sagen. Wirksame Prävention umfaßt auch Aufklärung über die unterschiedlichsten Formen des sexuellen Mißbrauches und über die Grenzbereiche. Es ist unsere Aufgabe, durch ein offenes Gesprächsklima in der Schule, im Kindergarten, auf personeller Ebene die Prävention zu fördern. Wichtig ist ein offenes Gesprächsklima zwischen Lehrer, Lehrerin und Schüler, Schülerin und vor allem auch mit den Eltern. Es ist unsere Aufgabe, Kooperation und Koordination im Sozial- und Schulbereich herbeizuführen und die Sexualerziehung als ganz wichtigen Gesichtspunkt auch zur Prävention verstärkt in den Schulen zu fördern. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte auch ganz klar festhalten, daß es wichtig ist, Buben und Mädchen auch einmal in getrennten Unterrichtsstunden zu diesen Bereichen weiterzubilden. Ich habe heute mit dem Rundfunk eine Aufnahme über Koedukation gemacht. Ich finde Koedukation richtig und gut, denn in der Gesellschaft sind auch Männer und Frauen beisammen. Aber in bestimmten Bereichen, in sehr sensiblen Bereichen, gerade im Bereich der Sexualerziehung, der Prävention müssen wir auch dazu übergehen, Mädchen und Buben getrennt weiterzubilden. (Beifall bei der ÖVP.)

Natürlich wird mir auch der ganze Bereich der Lehrerweiterbildung, der besonderen Sensibilisierung der Lehrerschaft ein wichtiges Anliegen sein. Wir werden in einer neuen Informationswelle Lehrer darüber aufklären, wie sie Zeichen erkennen können. Zeichen der Gewalt an Kindern sind etwa Verhaltensänderungen der Kinder, Sprechstörungen, plötzlich auftretende Schlaflosigkeit, plötzlich auftretendes neurotisches Verhalten der Kinder in den Schulen. Wir werden die Lehrer auch ermutigen, wenn Verdacht auf Mißbrauch besteht, alle notwendigen Hilfen in die Wege zu leiten. Das ist besonders wichtig, denn niemand kann sexuellen Mißbrauch alleine aufdecken, beenden und auch noch dafür sorgen, daß die Folgen


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