Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 172

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Rationalisierung der Produktion ist ein wesentliches Kennzeichen der Wirtschaft. Immer mehr Produkte und Leistungen werden mit immer weniger Arbeitskräften hergestellt. Bisher konzentrierten sich diese Rationalisierungsmaßnahmen auf die Arbeitsteilung und Automatisierung des Produktablaufes bei großen Stückzahlen. Bei der neuen Managementmethode, der sogenannten Lean-Production, steht der gesamte Organisationsablauf im Zentrum der Optimierungsbestrebungen. Das Ziel dabei ist eine reibungslose, schnelle und verbesserte Gestaltung des Fertigungsflusses in der Form einer sich selbst regulierenden und optimierenden Gruppenarbeit. Zusätzlich wird eine neue Qualitätsanforderung in Form des Null-Fehler-Zieles angestrebt. Zu diesen Modernisierungsstrategien zählt dann auch, wie in allen Industriebereichen bekannt, die Just-in-time-Beziehung zu den jeweiligen Lieferanten und Händlern. Das Ziel besteht darin, die Durchlaufzeiten drastisch zu senken, Fehler auszuschalten, Pufferzonen zu eliminieren, die Zeit für Forschung, Entwicklung und Konstruktion zu minimieren, Lagerzeiten zu verkürzen oder überhaupt zu beseitigen und somit die notwendige Arbeitszeit und damit auch die Beschäftigung zu reduzieren.

Das sind die Fakten, mit denen wir in der Zukunft fertig werden müssen!

Die Rationalisierungsauswirkungen zeigen sich auch in meinem Bundesland, in Oberösterreich. Die drei wesentlichen Wirtschaftssektoren verschieben sich entsprechend einem langfristigen Trend, wonach der Dienstleistungsbereich zum dominanten Beschäftigungsfeld der Zukunft wird. War der Anteil der unselbständig Beschäftigten in Oberösterreich im Jahre 1986 in der Sachgüterproduktion und im Dienstleistungsbereich mit etwa 49 Prozent gleich stark, so hat sich der Anteil der Beschäftigten im Jahre 1994 in der Sachgüterproduktion auf 42,4 Prozent reduziert, während im Dienstleistungsbereich fast 57 Prozent unselbständig erwerbstätig waren.

Beschäftigung und Wirtschafts- und Währungsunion, das sind die Themen, die uns ganz stark beschäftigen. Der Stellenwert der Beschäftigungspolitik ist allerdings in den Maastricht-Verträgen deutlich unterbelichtet. In diesen Verträgen verpflichteten sich die Mitgliedstaaten lediglich zur Erreichung eines hohen Beschäftigungsniveaus, der Schwerpunkt des Konzepts der Wirtschafts- und Währungsunion ist somit eindeutig auf fiskalische und monetäre Größe beschränkt. Es ist daher gerade unser Vorstoß in der EU so wichtig, und Bundeskanzler Vranitzky hat es ja heute auch in seinem Beitrag betont, daß Beschäftigung und Beschäftigungspolitik genauso ernst genommen werden müssen wie die gemeinsame Währung. Ich kann das nur unterstreichen. (Beifall bei der SPÖ.)

Angesichts der ohnehin dramatischen Lage auf dem Arbeitsmarkt muß einfach der Beschäftigungspolitik ein größerer Stellenwert eingeräumt werden. Die beschäftigungspolitischen Anstrengungen der EU – erwähnenswert dafür ist das Weißbuch betreffend Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung und die Initiative von Essen – sind äußerst begrüßenswert, doch nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Alle Anstrengungen sind daher zu unternehmen, dem Problem der Massenarbeitslosigkeit wirksam zu begegnen.

Von Unternehmerseite werden oft nur Opfer verlangt. Nur bei geringer Entlohnung, bei verringertem Arbeitnehmerschutz, bei flexiblen Arbeitszeiten könnten Arbeitsplätze gehalten werden: Das hört man jetzt leider Gottes sehr häufig. Gleichzeitig wird aber immer verlangt, die Sozialleistungen zu kürzen, weil sie zu kostspielig seien und die Arbeitsmoral untergraben.

Aus der Sicht eines Einzelunternehmers mag diese Argumentation bei oberflächlicher Betrachtung vielleicht verständlich sein. Wenn Konkurrenten ein gleiches Produkt billiger anbieten können, weil sie offensichtlich eine etwas günstigere Kostenstruktur aufweisen, werden die unterschiedlichen Rahmenbedingungen verglichen und als Verursacher für die eigene, schlechtere Position definiert.

Die unterschiedlichen Strukturen sind ja meist historisch gewachsen, aber mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen müssen die einzelnen Wirtschaftssubjekte letztlich immer kalkulieren. Man kann aber daraus nicht folgern, daß auch in Österreich ein Einkommensniveau wie etwa das in Osteuropa anzustreben wäre. Eine Senkung der Löhne und Gehälter bedeutet letztendlich ja auch eine Senkung des Lebensstandards auf das entsprechende Niveau, und ein Rück


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