Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 190

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Tatsache ist – und ich bin nicht der Verteidiger der Kollegin Ederer –, (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen), daß die Preise der Produkte des täglichen Bedarfes, auch der Lebensmittel – trotz der ständigen Unkenrufe hier – wesentlich gesunken sind.

Tatsache ist aber auch (Abg. Scheibner: Wir werden sehen, ob das die Leute auch glauben!), daß in Österreich ein Investitionsstandort geschaffen worden ist, der große Investitionsentscheidungen zugelassen hat. Ich denke hier insbesondere an Opel, an Leykam, an BMW, aber auch zum Beispiel an Kaindl in Salzburg.

Tatsache ist auch – das wurde heute schon gesagt –, daß dieser Investitionsboom anhält. Gott sei Dank! Denn durch diesen Umstand haben wir nun weitere 28 Milliarden Schilling zu erwarten.

Tatsache ist – und jetzt komme ich wieder auf Sie (sich an die Freiheitlichen wendend) zurück, weil Sie sich stets darüber so echauffieren –, daß die Schweizer Industrie in den EU-Ländern 200 000 Arbeitsplätze geschaffen hat, darunter auch in Österreich, aber in der Schweiz selbst 30 000 Arbeitsplätze verlorengegangen sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Noch ein Beispiel aus der Schweiz, die nicht einmal dem EWR angehört: Im letzten Jahr hatte die Schweiz eine Export-Zuwachsrate von 2 Prozent, während wir in Österreich Gott sei Dank 8 Prozent verzeichnen konnten.

Tatsache ist aber auch, daß die Klein- und Mittelbetriebe, besonders in den grenznahen Räumen, vom EU-Beitritt wesentlich profitiert haben.

Ich glaube, man kann sich nicht mehr daran erinnern, daß ein Zimmerer, ein Tischler überhaupt nicht mehr nach Bayern fahren konnte, um dort einen Auftrag anzunehmen und auszuführen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich bin aber froh, daß wir diesbezüglich dank des EU-Beitritts keinen Sand mehr im Getriebe haben. Ich bin froh, daß wir den Kopf nicht in den Sand gesteckt haben und uns für die EU entschieden haben, denn aus diesem Grund brauchen wir heute nicht mehr mit den Zähnen zu knirschen, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Tatsache ist, daß wir die niedrigste Inflation seit 1988 haben.

Und Tatsache ist auch, daß der Warenaustausch wesentlich erhöht worden ist. Er ist heute um 11 Prozent höher, als er es noch vor einem Jahr war.

Ich stelle es aber nicht in Abrede – und das ist auch Tatsache und darf nicht verschwiegen werden –, daß viele Betriebe auch negative Auswirkungen zu spüren bekamen. Als erste und unmittelbar betroffen waren Spediteure, Nahrungsmittel-, Molkerei- und Käsereibetriebe, zum Teil Wirtschaftsbereiche, die die Marktwirtschaft bis vor zwei Jahren überhaupt nicht gekannt haben. (Rufe bei den Freiheitlichen: Die Raiffeisenbetriebe!) Auch diese Branchen hätten sich – wie die Bauern – aufgrund des GATT über kurz oder lang auf jeden Fall einem offenen Markt stellen müssen.

Manche negative Folge unseres Beitritts produzieren wir aber leider auch selbst. Ich denke dabei im besonderen an das Arbeitnehmerinnenschutzgesetz und die Folgeverordnungen, wo wir wieder einmal glauben, die Musterknaben Europas sein zu müssen, indem wir die österreichische Wirtschaft in einer Zeit, in der sie viel Handlungsspielraum haben müßte, in der es notwendig wäre, sich aktiv und qualitativ bewegen zu können, mit unnötiger Bürokratie belasten. Müssen wir wirklich jede Vorgabe der Richtlinien, die selbst Gründungsmitglieder der EU nicht zu 100 Prozent erfüllen, weil sie es nicht leisten können, zu 200 Prozent erfüllen? (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich zum Schluß aber noch eine Bemerkung machen: Es soll heute nicht der Eindruck entstehen, daß ich unsere Mitgliedschaft in der EU nur mit der Rechenmaschine beurteile: hier Plus, dort Minus, hier Plus, Plus – unterm Strich ein Plus. Die Redezeit ist leider zu kurz, um auf die meiner Meinung nach viel wichtigere Entwicklung hinzuweisen, die einerseits durch die Gemeinsamkeit, andererseits aber durch die Öffnung der Grenzen endlich möglich


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