Als Vranitzky zur Regierungkonferenz von Turin gefahren ist, hat er angekündigt, es werde eine große Beschäftigungsinitiative geben, denn die Bedeutung Österreichs in der EU ist ja so erheblich, daß da jetzt alle nur mehr über die Schaffung von Arbeitsplätzen und über die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit reden werden. Das wird das zentrale Thema der Regierungskonferenz von Turin sein. Nach der Regierungskonferenz von Turin mußten wir hören, daß Vranitzky nicht einmal einen Antrag eingebracht hat (Abg. Mag. Stadler: Da schau her!) , sondern daß man dieses Thema von vornherein vertagt hat, weil man Wichtigeres zu tun hatte.
Wichtigeres heißt, 18 Millionen Arbeitslose in der EU zu ignorieren, die steigenden Probleme Österreichs mit der Beschäftigungssituation zu ignorieren, heißt, zwar groß zu reden in Österreich, Plakate zu affichieren: Wir machen uns stark für Arbeitsplätze!, aber dann in der EU klein beizugeben, sich zu verschweigen und das Thema auf die lange Bank zu schieben. (Abg. Mag. Stadler: So ist es!) Das, meine Damen und Herren, ist Ihre Politik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Nun hat Vranitzky in Turin geschwiegen. Dann kommt es zur Konferenz von Florenz, und wieder sagt der Herr Bundeskanzler, jetzt werde er gemeinsam mit Santer eine starke Achse der Beschäftigungspolitik bilden. Eine starke Achse! Es kommt also zur Konferenz von Florenz. Herr Außenminister Dini berichtet im Auftrage der Europäischen Kommission über diese Konferenz, und auf die Frage, was denn mit dem Vertrauenspakt zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in Europa geworden sei, sagt er dann ganz locker: Dazu haben wir keine Zeit gehabt, das Thema ist im Laufe der Konferenz versandet. – Versandet die Frage von 18 Millionen Arbeitslosen in der EU, versandet das angeblich so wichtige Thema der Beschäftigungssicherung!
Das ist Ihre Politik, und da wollen wir Sie auch ein bißchen festmachen, indem wir Ihnen deutlich machen: Sie müssen sich einmal entscheiden, ob Sie das, was Sie in Österreich den Bürgern versprechen, dann auch auf der EU-Ebene durchsetzen, oder ob Sie weiterhin eine janusköpfige Politik machen. Hier reden Sie für die Arbeitsplätze und draußen verschweigen Sie sich und spielen die großen Turbokapitalisten, die die Weltwirtschaft organisieren, denen es Wurscht ist, wenn man über die Leute drüberfährt, die Lohnkürzungen in Kauf nehmen, die Arbeitsplatzvernichtung in Kauf nehmen, denn man muß ja im Sinne der Liberalisierung einer Weltordnung eine neue Wirtschaft etablieren – und sei es auf dem Rücken von Hunderttausenden auch in Österreich betroffenen Menschen, die Lohnkürzungen oder Arbeitsplatzverluste in Kauf nehmen müssen.
Versandet ist das Thema, bis heute nicht aufgegriffen, und das ist auch der Vorwurf, den wir Ihnen machen. Die Vertrauenskrise wird durch solche Dinge verursacht, und das, was Sie hier an Untätigkeit und Versäumnissen auf Ihr eigenes Konto buchen müssen, können Sie dann nicht wettmachen, auch nicht mit einem noch so großen propagandistischen Aufwand. Das können Sie nicht!
Ich habe mir jetzt einmal angeschaut, was die EU an Mitteln für Propaganda ausgibt. Für 18 Millionen Arbeitslose: Keine Zeit! (Abg. Mag. Stadler: Und kein Geld!) , aber das Informationsbudget der EU beträgt heuer sage und schreibe 3,3 Milliarden Schilling! 3,3 Milliarden Schilling! (Abg. Mag. Stadler: Das ist ein Wahnsinn! – Abg. Dr. Fekter: Sind das keine Arbeitsplätze?)
Ich habe mir herausgesucht, meine Damen und Herren, wie der Informationsdienst gegründet wurde. (Abg. Mag. Stadler: Die Fekter ist der Meinung, das bringt Arbeitsplätze!) Der EU-Informationsdienst wurde im Jahre 1954 gegründet. Damals schrieb der Verantwortliche Max Kohnstamm: "Es ist ein Instrument, um die Gegner der Integration zu entwaffnen". Danach wurde eine deutsch-französische Werbeagentur eingeschaltet, um eine Strategie für die Entwaffnung der Gegner zu entwickeln, und man schrieb im April 1955: "Es ist notwendig, auf Gefühle anzuspielen und alles anzusprechen, was dem Temperament der Massen entgegenkommt." (Abg. Mag. Stadler: Da schau her!)