Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 33

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es zu einem weiteren dramatischen Anstieg der Arbeitslosigkeit und zur Vernichtung von Arbeitsplätzen kommt.

In einem Interview im "profil" hat der Chef des Wirtschaftsforschungsinstitutes Kramer auf die Frage: "Heißt Ostöffnung, daß das hiesige Lohnniveau dramatisch unterfahren wird und wir durch Billigarbeitskräfte aus dem Osten überschwemmt werden?" geantwortet: "So ist es. Und daher glaube ich auch, daß die Freizügigkeit der Arbeitskräfte der wirklich springende Punkt bei der Frage der Osterweiterung der EU sein wird."

Also was wollen wir jetzt? – Jetzt haben wir einen EU-Vertrag unterschrieben, der als ein wesentliches Prinzip die Freizügigkeit der Arbeitskräfte und des Personenverkehrs vorsieht, und gleichzeitig sagen jetzt jene, die uns das eingeredet haben – bis hin zur Wissenschaft im Bereich des Wirtschaftsforschungsinstitutes –: Wir müssen die Freizügigkeit einschränken.

Das sind die Widersprüche, die täglich entstehen, und das ist es, warum wir Freiheitlichen noch einmal mit aller Deutlichkeit sagen: Sie haben auch nach dem EU-Beitritt die Hausaufgaben nicht gemacht und riskieren Tausende und Abertausende zusätzliche Arbeitslose und die Vernichtung von Arbeitsplätzen in Österreich. Und das kann es nicht sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und gestern erzählt man uns wieder so ein abenteuerliches Märchen, indem man sagt, da gibt es jetzt eine Entsendungsrichtlinie, die verhindert, daß es zu diesem Unterfahren der Lohn- und Kollektivvertragsebene in Österreich kommt. Der Herr Kramer berichtet aber bereits: Ich kann mir nicht vorstellen, daß eine solche Richtlinie hält, weil sie ja gegen die Prinzipien des EU-Vertrages ist und daher vom Europäischen Gerichtshof aufgehoben werden wird.

Sehen Sie, in diesem Widerspruch leben Sie, und hier propagieren Sie ständig verschiedene Dinge. Einerseits wollen Sie den Österreichern einreden, daß Sie alles tun, um die soziale und wirtschaftliche Entwicklung dieses Landes zu fördern, andererseits gehen Sie locker darüber hinweg, wenn es zur Vernichtung von Tausenden Arbeitsplätzen in unserem Lande kommt.

Das ist es, was wir hier aufzeigen wollen, weil wir glauben, daß es ein falscher Weg ist, eine EU-Politik zu unterstützen, die durch eine nicht vorbereitete Osterweiterung zu einer weiteren Verschärfung der Krise auf dem österreichischen Arbeitsmarkt führt, zu einer weiteren Vernichtung von Tausenden Arbeitsplätzen führt, zu einer weiteren Vernichtung von bäuerlichen Existenzen führt, und weil wir glauben, daß es auch falsch ist, eine Politik zu machen, die davon ausgeht, daß die Integration auf dem Rücken der Arbeitnehmer ausgetragen wird.

Meine Damen und Herren! Das heißt, daß man in Kauf nimmt, daß in den nächsten Jahren die Bevölkerung in Österreich, insbesondere die Arbeitnehmer, durch Lohnverzicht und durch Lohneinbußen die Integrationspolitik der EU zu finanzieren haben wird.

Diesen Widerspruch müssen Sie endlich einmal aufklären, denn immerhin hat es ja vom Präsidenten der EU-Kommission Santer den zarten Versuch einer Beschäftigungsinitiative gegeben, um das Ruder herumzureißen, weil er weiß, daß, wie er selbst sagt, eine tiefe Vertrauenskrise in der EU existiert. Desgleichen sagt Herr Fischler in einem Interview mit der Tageszeitung "Die Presse": "Wir haben natürlich eine Krise jetzt innerhalb der EU."

Natürlich ist diese Vertrauenskrise da, Herr Vizekanzler, weil 18 Millionen Arbeitslose und auch eine steigende Tendenz bei der Arbeitslosigkeit in Österreich eine Herausforderung darstellen müssen. Aber da wird nichts getan! Wo sind denn die österreichischen Initiativen, um das Problem der Arbeitslosigkeit auch wirksam anzugehen?

Ich war selbst mit dem Kollegen Cap in Rom bei einer Konferenz. (Abg. Mag. Ederer: Was, Josef?! – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das wird ihm sehr schaden, aber er hat das ganz ordentlich gemacht als Delegationsleiter. Ich war also mit dem Kollegen Cap nach der Regierungskonferenz von Florenz bei einer EU-Konferenz in Rom. Dort hat der scheidende italienische Außenminister, der den Vorsitz abgegeben hat, den Bericht erstattet, und es war sehr bemerkenswert, wie unterschiedlich dort argumentiert wurde.


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