Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 50

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Die Ermahnung meines Amtsvorgängers am Schluß seiner Rede, das außenpolitische Statut im auswärtigen Dienst nicht zu vergessen, ist eine Botschaft, die hoffentlich von allen Parlamentariern verstanden wurde und der ich mich selbstverständlich auch anschließe. Das bleibt auf der Tagesordnung – das verspreche ich dir! (Beifall bei der ÖVP.)

Nun zu einigen inhaltlichen Fragestellungen. Diese waren, glaube ich, in den verschiedenen Reden sehr gut herausgearbeitet. Wir sollten uns tatsächlich klar deklarieren, eine klare außenpolitische Linie gehen in einigen Lebensfragen, die man dezidiert auf den Punkt bringen kann und auch öffentlich diskutieren soll. Ich bin jemand, der Diskussion immer schätzt, manchmal durchaus auch ein pointiertes Wort, ich bin überhaupt nicht böse darüber. Ich bin der letzte, der irgendeine Diskussion abdrehen möchte.

Eine Frage, die etwa der Oppositionsabgeordnete und FPÖ-Sprecher Jörg Haider auf den Punkt gebracht hat: Was ist besser für Österreich, für Europa und für die betroffenen Völker: Protektionismus oder Öffnung der Märkte? – Dazu sage ich ein sehr klares Wort: Ich bin leidenschaftlich für die Öffnung, für die Liberalisierung, für die Integration und gegen protektionistische Tendenzen! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und beim Liberalen Forum.)

Ich sage das nicht nur, meine Damen und Herren von der freiheitlichen Fraktion, aus einem grundsätzlichen humanen Ansatz, obwohl dieser sehr wichtig ist, sondern ich sage das auch aus eigenen ökonomischen Überlegungen. Vielleicht könnte mir der Wirtschaftssprecher der Freiheitlichen eine Sekunde für ein wirtschaftliches Argument sein Ohr leihen. Wir haben beispielsweise in unserem Außenhandel – Import/Export – im Jahr 1994, was nur die mittel- und osteuropäischen Länder betrifft, einen Überschuß – einen Überschuß! – von 10,5 Milliarden Schilling gehabt, wenn ich alle osteuropäischen Länder hernehme, einen von 16,5 Milliarden Schilling. Wir haben im Jahr 1995, dem ersten Jahr unserer Mitgliedschaft, diese Summen deutlich steigern können: nach Ost- und Mitteleuropa von 10 auf 16,3 Milliarden Schilling Bilanzüberschuß, und wenn ich alle osteuropäischen Länder hernehme, dann von 16,5 auf 27,3 Milliarden Schilling. Es ist also nicht nur menschlich, nicht nur human, die Märkte zu öffnen, es liegt auch in unserem eigenen ökonomischen Interesse, daß wir nicht auf Protektionismus vertrauen, sondern auf das, was uns eigentlich seit dem Jahr 1945 stark gemacht hat: Freihandel, Öffnung, fairer Wettbewerb. (Beifall bei der ÖVP.)

Die zweite sehr entscheidende Frage: Ich bin für die Erweiterung der Europäischen Union um die geeigneten Länder Mittel- und Osteuropas, wenn sie wirtschaftlich die Kriterien erfüllen und sich politisch der Wertegemeinschaft der Europäischen Union annähern. Das heißt: volle Beachtung der Menschenrechte, voll entwickelte Demokratie, Pressefreiheit – alles, was dazugehört. Und da sind einige der Kandidaten noch nicht so weit, aber jene, die fähig sind und es wollen, gehören dazu. Und deshalb muß man jetzt einen sehr schwierigen, aber wichtigen und notwendigen Beitrittsverhandlungsprozeß eröffnen. Dieser wird nicht in wenigen Monaten abgeschlossen sein, und er wird natürlich auch Übergangsfristen inkludieren. Er wird auch eine Reform der Förderungssysteme und der Finanzverfassung notwendig machen. Das ist übrigens genau das, worauf der Wirtschaftsminister hinweisen wollte.

Wir sind in einen fünfjährigen Förderungsprogrammschwerpunkt der Europäischen Union von 1994 bis 1999 eingestiegen. Wir sind in diese laufenden Programme eingestiegen. Diese waren nicht verhandelbar. Nur, wir beginnen nächstes oder spätestens übernächstes Jahr die Periode von 1999 bis 2004 neu zu verhandeln. Und da wird natürlich die Frage Nettozahler, Förderungsprogramme, Förderungsschwerpunkte auch im Licht künftiger Erweiterungen zu prüfen sein. Das ist ein wichtiges Thema für uns. Daher nachträglich die Fünfjahresperiode abzuändern und etwas anderes auszuverhandeln – wer das glaubt oder sagt, erweckt Illusionen, das ist lächerlich. Aber ab 1999 die richtigen Fragen zu stellen und sie bei den Beitrittsverhandlungen auch zu thematisieren, das ist natürlich österreichisches und europäisches Interesse, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich warne Sie, nein, ich bitte Sie, im Interesse übergeordneter Ziele hier nicht mit den Gefühlen zu spielen. Natürlich haben manche Leute Angst vor einer Erweiterung; klar. Und man sollte diese Sorgen bei der Freizügigkeit des Arbeitskräfteeinsatzes, dem Wegfall der Grenzen, der


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