Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 72

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Ich finde das schäbig, und zwar aus folgendem Grund: Wenn – das hat der Herr Vizekanzler heute schon angesprochen – Österreich nicht nach dem Zweiten Weltkrieg von den USA den Marshallplan erhalten hätte – das war eine finanzielle Hilfe: von 1947 bis 1952 haben wir 960 Millionen US-Dollar alleine für Österreich bekommen! –, wenn wir das nicht bekommen hätten, hätte Österreich die Chance zu einer industriellen Entwicklung, so, wie wir heute dastehen, absolut nicht gehabt. Und das müssen wir einfach auch den Österreicherinnen und Österreichern erklären und ihnen klarmachen, daß Hilfe, die wir jetzt leisten, in Zukunft für unsere wirtschaftliche Entwicklung ganz dringend notwendig ist. Viele dieser Hilfen kommen im Zuge wirtschaftlicher Beziehungen zurück. Vor allem auch in den Ländern des Nahen Ostens gibt es ja genügend Beispiele dafür.

Einen Punkt aus dem Bericht möchte ich noch ansprechen. Mir scheint manchmal, daß man sich scheut, daß man zuwenig pointiert auf manches eingeht, weil man Wirtschaftsinteressen vor Augen hat. Es gibt darin einen Bericht über das Beispiel China. Und da steht also im Außenpolitischen Bericht: Die chinesische Außenpolitik scheint, vom zeitweise spannungsgeladenen Verhältnis zu den USA abgesehen, im Hinblick auf die Sicherung des wirtschaftlichen Aufbaus des Landes an einem möglichst konfliktfreien Umfeld interessiert zu sein. – Das ist alles. Kein Wort von den Menschenrechtsverletzungen in China, kein Wort, daß wir damit nicht einverstanden sind. Ich meine, wenn schon die Menschenrechte hintangestellt werden, dann sollten wir wenigstens so ehrlich sein und das auch offen aussprechen und sagen, für uns kommen eben die Wirtschaftsinteressen vor den Interessen der Menschenrechte.

Ich komme zum Schluß. Es gibt noch zwei Punkte auch auf internationaler Ebene, wo mir scheint, daß einfach Reformen nötig sind: das ist die Weltbank, und das ist der Internationale Währungsfonds. Viele der Weltbank-Projekte haben sich als ineffizient, ökologisch und sozial schädlich erwiesen, wie erst ein interner Kontrollbericht der Weltbank dargelegt hat.

Vor allem die demokratische Kontrolle und die Transparenz der Weltbank läßt zu wünschen übrig. Auch wir Österreicher zahlen sehr viel Geld in die Weltbank. Ich denke, es ist dringend notwendig, daß auch der österreichische Finanzminister gesetzlich verpflichtet wird, einen jährlichen Bericht über das Verhalten Österreichs in den internationalen Finanzinstitutionen dem Parlament vorzulegen, und daß sich auch der österreichische Vertreter einem Hearing von Abgeordneten, NGOs, Sozialpartnern und Experten zu stellen hat, so, wie es bereits in der Schweiz praktiziert wird.

Ich möchte zum Abschluß noch durchaus begrüßen, daß es in dem Bericht ein Konzept zum Thema "Afrika 2000" gibt, wo tatsächlich auch mit neuen Projekten, vor allem mit Frauenprojekten, versucht wird, der Benachteiligung auf diesem Kontinent entgegenzuwirken. Ich finde das sehr positiv.

Ich möchte abschließend noch einmal betonen: Das Ziel unserer Politik muß es sein, einen wirksamen Rahmen zu schaffen, um die ökonomischen Leistungen eines Landes an die globalen, ökologischen und sozialen Interessen zu binden. Aber auch die internationale Wirtschaft muß reglementiert werden, und dazu brauchen wir eben demokratisch kontrollierte Organisationen. Wir müssen auch Entwicklungspolitik und Entwicklungshilfe als ressortübergreifende Lösungsstrategie sehen. Entwicklungshilfe darf nicht nur beschränkt werden auf Transferleistungen, auf Projektpolitik, sondern muß zu einer politischen Schwerpunktaufgabe werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, daß gerade wir als Parlamentarier dazu aufgerufen sind, eine offensive Entwicklungspolitik voranzutreiben, oder, wie Willy Brandt und Erhard Eppler meinten: Die Entwicklungspolitik muß endlich von der Peripherie in das Zentrum der internationalen Politik rücken. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.29

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. – Bitte, Frau Abgeordnete.


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