Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 89

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mit hoher Produktivität, mit Stabilität und Sicherheit auf diese weltweite Herausforderung ist nicht neuer Protektionismus, ist nicht neue Reglementierungswut. Die Antwort ist das Vertrauen in die Menschen unseres Landes, in ihre Ausbildung, in ihre Kraft, die Bildung neuer Spielräume für ihre Kreativität und das Fassen weiterer Rahmen, um die Menschen das leisten zu lassen, was sie gerne tun.

Beide Anträge, die wir heute in erster Lesung diskutieren, zielen in diese Richtung. Meine Damen und Herren! Die Aufhebung des Ladenöffnungszeitengesetzes ist schon lange überfällig. Wer die verkrampfte Diskussion zu diesem Thema in den letzten Wochen, Monaten, Jahren verfolgt hat, wer die Diskussion in Deutschland sieht und dann den Herrn Wirtschaftsminister hört, der sagt: Die Deutschen haben es gemacht, jetzt müssen wir es auch machen!, der muß feststellen: Das ist doch dieses Hohen Hauses und des Parlaments nicht würdig!

Meine Damen und Herren! Kundenwünsche sind nicht regelbar. Wenn Sie Kundenwünsche regeln, verlieren Sie sie. Das muß die Politik einmal verstehen! (Beifall beim Liberalen Forum.) Wer sich Kundenwünschen verweigert – ich werde nicht müde, das immer wieder hier zu wiederholen –, wird weniger Umsatz, weniger Wertschöpfung und weniger Beschäftigung haben. Das ist das eherne Gesetz, unter dem wir heute nun einmal leben.

Ich habe auf die Wichtigkeit des Mitarbeiterschutzes bereits hingewiesen, auf die Wichtigkeit des Mitarbeiterschutzes in einem Rahmen, den der einzelne Mitarbeiter mit allen innerbetrieblichen Mitbestimmungsebenen besser vertreten kann.

Wer sein Geschäft nicht aufsperrt, wird Kaufkraft verlieren, denn das Kaufkraftvolumen in Österreich ist nicht fix, es ist keine feste Größe. Wer nicht aufsperrt, wird an die Substitutionskonkurrenz Umsätze verlieren, und zwar an den Versandhandel und an Auslandseinkäufe, weil Österreicher im Ausland einkaufen gehen. Um 31 Milliarden Schilling haben Österreicher im Jahr 1995 im Ausland eingekauft. Darin stecken allein für den Herrn Finanzminister "lockerlich" – fürs Protokoll: "lockerlich" mit "lich" hinten – 4 Milliarden Schilling. Wer nicht aufsperrt, wird den Verlust von frei verfügbarem Einkommen im Bedienungshandel erleben und die Kaufkraft unserer Gäste verlieren, die in der erfolgreichen Tourismusstadt Wien herumgehen und nichts einkaufen können.

Meine Damen und Herren! Wer Beschäftigung im Handel will, muß das Öffnungszeitengesetz aufheben und sich auf die berechtigten individuellen Wünsche der MitarbeiterInnen in den Betrieben konzentrieren. Dort ist der einzige Regelungsbedarf – aber nicht hinsichtlich der Öffnungszeiten. Die Öffnungszeiten können Sie freigeben. Die Frage: Wie kann ich auf die individuellen Wünsche der Mutter mit Kindern eingehen? ist wichtig. Aber nur 25 Prozent der Haushalte in Österreich haben schulpflichtige Kinder. Warum dürfen die anderen nicht? – Hören Sie doch endlich auf zu glauben, daß wir den Menschen kollektiv vorschreiben können, wie es auf dieser Welt funktionieren soll.

Zweiter Punkt: Gewerbegesetz 1996. Wir Liberale haben uns die Mühe gemacht, die alte Gewerbeordnung nicht nur zu durchforsten und sie in einem feierlichen Akt in einen Biedermeierschrein im Gewerbemuseum einzusperren, sondern wir haben auch ein neues Gewerbegesetz entwickelt, das aus 58 Paragraphen besteht und der klare Vorschlag der Liberalen Partei dieses Landes ist. Er zeigt, wie wir meinen, daß man die Gewerbefragen regeln sollte.

Es ist ein ganz ähnlicher Fall wie bei der Ladenschlußdebatte und beim Öffnungszeitengesetz: Reglementierungen verhindern auch da die Nutzung von Marktchancen, Bürokratisierung tötet die Privatinitiative, und Überreglementierungen hemmen die Kreativität. (Beifall beim Liberalen Forum.) Bitte, ja, Sie sind jetzt dran. (Abg. Dr. Schmidt: Das paßt gar nicht! Bei so etwas kann man ja nicht klatschen!)

Qualität, Frau Dr. Schmidt, hat nichts mit Befähigungsprüfung von gestern zu tun. Qualität, Frau Vizepräsidentin Tichy-Schreder, muß täglich neu bewiesen werden. Jede Qualifikation ist zu befürworten. Aber die Meisterprüfung dient dem Kunden und nicht der Befriedigung der Zunftbehörde. (Beifall beim Liberalen Forum.) Jetzt ist es richtig!


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