Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 64

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14.56

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Leiner, ich gebe Ihnen recht, daß wir in unserer Bevölkerung soziales Bewußtsein wecken sollen, aber wir sollten in Zukunft wirklich sozial dort sein, wo es gebraucht wird, und nicht sozial beglücken wollen. Ich glaube, es ist das auch in Ihrem Sinn. Das, was Sie gesagt haben, habe ich aber nicht so verstanden.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie haben schon im Zwischenruf gehört, worum es mir geht: Mir geht es heute wirklich in besonderem Maße um die Werkvertragsregelung für die Künstler und Künstlerinnen. Ich glaube, Sie geben mir recht, wenn ich sage, daß da noch nicht alles zum Besten geregelt ist. Ich möchte anhand eines signifikanten Beispiels aufzeigen, daß sich die Vertragsregelung, wie sie heute beschlossen werden wird, auf die Kunst- und Kulturszene nicht zielführend auswirken wird.

Meine Damen und Herren, ein ganz konkretes Beispiel: Im Wolfsegger Ballettzentrum werden jedes Jahr die international besetzten ballettpädagogischen Seminare abgehalten. Bisher kostete zum Beispiel die Krankenversicherung für einen russischen Tanzlehrer für die Dauer von vier Wochen bei einer privaten Versicherungsanstalt 990 S. Aufgrund der neuen Vertragsregelung kostet dieselbe Versicherungsleistung bei der Gebietskrankenkasse in Zukunft 15 350 S.

Herr Minister! Das sind Fakten, und ich sehe darin keinen sozialen Schutz.

Da diese Regelung ja für alle Mitarbeiter der ballettpädagogischen Seminare gilt, also auch für jene, die ohnedies irgendwo anders versichert sind, werden in Zukunft der Gesellschaft für Musiktheater – in diesem Fall ab dem nächsten Jahr, durch die Verlängerung, die Sie uns gegeben haben – Mehrkosten von 200 000 S bis 300 000 S entstehen. Ich gebe zu, daß das in bezug auf den Gesamtrahmen unseres Budgets in Österreich ein kleiner Betrag ist, aber für die Kulturszene in unserem Land ist das noch immer ein sehr hoher Betrag.

Ich habe bewußt dieses Wolfsegger Beispiel genannt und es deshalb ausgewählt, weil sich daran die Umwegrentabilität auf mehrfache Weise dokumentiert, besser als in bezug auf die Großstadt Wien. Bei meinem Beispiel entstehen der Gesellschaft für Musiktheater Kosten von rund 1 Million Schilling, von denen die Gesellschaft nur 43 Prozent durch Kursgebühren und weitere 9,5 Prozent durch diverse Nebeneinnahmen wie Kartenverkauf, Programmverkauf, Souvenirverkauf und Inserate hereinbringen kann. 47,5 Prozent müssen daher durch Sponsoren beziehungsweise durch die öffentliche Hand zugeschossen werden.

Herr Minister! Es stellt sich für mich schon die Frage, ob sich in Zukunft noch Sponsoren finden, ob die öffentliche Hand – auch angesichts des Sparpakets, das ja alle betrifft – diese Ausfallshaftung noch übernehmen kann, eine Ausfallshaftung, die durch diese willkürliche Werkvertragsregelung entsteht. Wenn sich keine Sponsoren finden beziehungsweise die Ausfallshaftung nicht übernommen werden kann und daher diese Seminare eingestellt werden müssen, verliert die Fremdenverkehrswirtschaft in der Region Hausruckwald bis zu 2 Millionen Umsatz aus über 2 000 Nächtigungen und der Verköstigung der Seminarteilnehmer und Beobachter, Dozenten und diversen Mitarbeiter. Neben einem deutlichen Steuerausfall sind sicher auch fremdenverkehrswirtschaftliche Betriebe dadurch gefährdet.

Meine Damen und Herren! Dieses Beispiel ist leider kein Einzelfall, es stellt auch keine Horrorgeschichte dar, sondern ein repräsentatives Beispiel für die zahllosen negativen Auswirkungen der neuen Werkvertragsregelung. Ich sage daher: Diese Regelung ist wirtschaftsfeindlich, arbeitsplatzgefährdend, kulturfeindlich und läßt außerdem die soziale Treffsicherheit völlig vermissen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Anstatt daß Menschen sozialer Schutz zukommt, werden viele durch diese Neuregelung arbeitslos und zu Sozialhilfeempfängern. Es wird sich hiebei in Zukunft in Österreich auch um Künstler und Kulturschaffende handeln, also um Menschen, die einen Stolz haben und nicht gerne Bittsteller sind. Gerade deshalb sind wir aufgerufen, diesen Menschen rechtzeitig Hilfe angedeihen zu lassen. (Beifall beim Liberalen Forum. )


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