Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 144

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

wickelt, die sich am dualen System vorbeientwickeln und sich parallel zu diesem entwickeln. Ich halte es für denkbar, daß man etwa den Weg für überlegenswert hält, den Frankreich in der beruflichen Bildung eingeschlagen hat.

Es wären noch viele Fragen zu klären, so auch die Frage, die im Berufsbildungsbericht nur ganz kurz und sehr unzureichend angedeutet ist, des lebensbegleitenden Lernens, der beruflichen Fort- und Weiterbildung.

Ich gebe Ihnen eine Anekdote zum besten, die einiges über das Verständnis von beruflicher Weiterbildung und vom Ja zum lebensbegleitenden Lernen, in dem wir uns ja gerade befinden, illustriert. Das Jahr des lebensbegleitenden Lernens wurde mit einer Eröffnungsveranstaltung eingeleitet, und ich war dabei: Es waren mehrere Sektionschefs aus verschiedenen Ministerien dabei. Einen habe ich erlebt, der hat ganz lustlos – ich weiß nicht, von welchem Ministerium er kam, ob von Ihrem oder von einem anderen – seinen Text heruntergelesen. Es war erkennbar, das Thema interessiert ihn nicht. Der zweite war ein Eröffnungsredner von der EU-Kommission, der diese Programme betreut. Und das ist die eigentliche Anekdote. Er hat deutsch gesprochen, nicht sehr gut, sondern eher schlecht, und er hat sich für sein schlechtes Deutsch entschuldigt, mit der Begründung, aufgrund der hohen Arbeitsüberlastung sei er in den letzten zehn bis 20 Jahren nicht dazugekommen, sein Deutsch aufzufrischen.

Ich finde, das illustriert das Jahr des lebensbegleitenden Lernens besser als alles andere. Viele Menschen, offensichtlich auch der Beamte, der dieses lebensbegleitende Lernen macht, sind so mit Arbeit überlastet, daß sie nicht mehr zum lebensbegleitenden Lernen kommen.

Wir müßten, wenn wir diesen Gedanken des lebensbegleitenden Lernens auch ernst nehmen, wenn wir berufliche Fort- und Weiterbildung ernst nehmen, uns endlich einmal in diesem Hause darüber unterhalten, wie wir es denn mit dem Bildungsurlaub halten. Wie halten wir es mit Modellen von Bildungsurlaub, die über die Ein-Wochen- und Zwei-Wochen-Grenze hinausgehen?

Frau Kollegin Steibl! Ich weiß, der Bildungsurlaub, den Sie meinen und den ich meine, ist ein Jahr lang oder bis zu einem Jahr lang. Er orientiert sich an bestimmten ausländischen Modellen, über die wir hier diskutieren sollten, aber nicht erst in zwei, drei oder vier Jahren oder nur, wenn wir Artikel für Zeitungen schreiben, sondern hier sollten wir einen Schritt weiterkommen.

Ich halte es für durchaus denkbar und möglich, das zu finanzieren. Ich halte es für denkbar, hier einmal einen ordentlichen Fortschritt zu machen. Ich weiß schon, es wird mit Modellen experimentiert, das halte ich aber für völlig unzureichend. Beim Bildungsurlaub müßten wir auf den Punkt kommen, daß wir sagen, wir wollen nicht nur Arbeitslose in Beschäftigung bringen, sondern auch den Beschäftigten lebensbegleitendes Lernen in einem Ausmaß ermöglichen, das sozusagen über das nächtliche Studium irgendwelcher Dokumente oder Computer beziehungsweise Kurse hinausgeht.

Es gäbe viele Beispiele, die man noch diskutieren könnte, wenn es um berufliche Bildung geht, wenn es um eine Reform der beruflichen Bildung geht, wenn es um neue Modelle geht. Wichtig ist mir, nachdem ich jetzt schon mehrmals Debatten um die berufliche Bildung, um die duale Ausbildung in diesem Hohen Hause erlebt habe, daß hier endlich etwas weitergeht.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Ihren Willen, in dieser Frage der beruflichen Ausbildung etwas weiterzubringen, vermisse ich. Wenn ich mir ansehen muß, daß die Frage Berufsausbildungsfonds nach wie vor an den inneren Zwistigkeiten der Sozialpartner zu scheitern droht, dann frage ich mich: Wozu diskutieren wir hier? Da werden Resolutionen, Entschließungsanträge gefaßt, und dann erklärt Herr Maderthaner: Ich will eigentlich nicht!, obwohl er diese Entschließung gefaßt hat.

Kollegin Hostasch kommt ans Rednerpult und sagt: Ich nenne das Reizwort Berufsausbildungsfonds nicht. Ja wo sind wir denn? Wir haben hier in diesem Hohen Hause beschlossen, daß wir das durchführen wollen, und dann heißt es irgendwo aus einem Hinterkammerl einer Interessen


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite