Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 153

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Sprungbrett für ihr weiteres Leben sehen. Heute müssen sie die Lehre absolvieren und dann die Gesellenprüfung oder Facharbeiterprüfung ablegen. Dann sind sie Gehilfen oder Gesellen oder Facharbeiter. Das scheint vielen zu wenig zu sein, und sie bemühen sich dann darum, in Abendkursen, in Werkmeisterschulen oder in Maturaschulen ihre Bildung zu vervollständigen.

Ich halte es für sinnvoll, wenn man es ermöglicht, daß jemand, der die Lehre absolviert und die Facharbeiterprüfung abgelegt hat, mit Ablegung dieser Prüfung weitere Voraussetzungen hat, als es jetzt der Fall ist. Er soll es sich, wenn er eine bestimmte Praxiszeit hinter sich gebracht hat, ersparen können, weitere Ausbildungs- und Prüfungsstufen hinter sich bringen zu müssen, um sich selbständig machen zu können.

Ich könnte mir auch vorstellen, daß man unterschiedliche Ausbildungs- und auch Abschlußvorgänge für die Lehrlinge einführt. Lehrling und Lehrling ist ja nicht dasselbe. Wir wissen das. Es gibt aufgeweckte und weniger aufgeweckte. Es gibt interessiertere und weniger interessierte. Man sollte eventuell verschiedene Stufen des Abschlusses offenhalten, damit der, der bereit ist, sich mehr anzustrengen und mehr Zeit und Energie in seine Ausbildung zu investieren, auch eine höhere Abschlußstufe erreicht, was im weiteren Leben für ihn von Vorteil ist.

Geld spielt da natürlich auch eine Rolle. Es ist heute bekannt, daß jeder Schüler und jeder Student die öffentliche Hand wesentlich mehr kostet als ein Lehrling. Daher wäre es sehr sinnvoll, wenn man aus öffentlichen Mitteln die Möglichkeit schaffen würde, den Lehrlingen ein echtes Salär einzuräumen. Das käme wesentlich billiger, als die Jugendlichen gegen ihren Willen, bis zum Selbstmord mitunter, in die weiterführenden Schulen zu pressen. Denn für diese Plätze in den Schulen und auch im universitären Bereich muß man viel mehr ausgeben, als wenn man die Lehrlinge gleich in die Lage versetzt, über entsprechende finanzielle Mittel zu verfügen.

Es soll gute Lehren geben. Daher müssen Hindernisse aus dem Weg geräumt werden. Es muß dem Bildungsbedürfnis der Lehrlinge entsprochen und ihnen die Möglichkeit eingeräumt werden, gegebenenfalls nach einem Stufensystem weiter zu kommen, als es bisher der Fall ist. Und man muß sie ordentlich entlohnen. – Das wäre, glaube ich, das Geheimnis! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.07

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Marizzi. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

21.07

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann nahtlos an die Ausführungen des Kollegen Ofner anschließen. Ohne einen Keil hinein treiben zu wollen, stelle ich fest: Ein Student kostet die Republik im Jahr 250 000 S, ein Lehrling 18 000 S. Das ist nicht mein persönliches Steckenpferd, aber ich halte fest, daß die Gewerkschaft und sehr viele, die in der Republik Verantwortung tragen, über den gemeinsamen Arbeitnehmerbegriff nachdenken. Denn an diesem scheitert es auch schon. Der eine ist der Schlosser – und der andere ist der Herr Maturant.

Es ist eben so im Leben. Die Eltern sagen: Meinem Kind soll es besser gehen, es soll lieber ins Realgymnasium gehen als irgendwo als Malerlehrling anfangen. Darin liegt die ganze Problematik. Wir diskutieren diese Situation schon länger, ich glaube, schon die fünfte Runde, und es hat sich vielleicht auch einiges geändert, aber es ist noch nicht zufriedenstellend.

Herr Bundesminister! Das ist keine Kritik an Ihnen, aber der Berufsbildungsbericht ist eher eine Berufsbildungsstatistik, und es sind keine neuen Perspektiven und Ideen darin enthalten. Das Parlament sollte aber aufgrund dieses Berichtes neue Ideen haben.

Herr Kollege Haigermoser! Ich gebe dir recht – obwohl dein Ausrutscher mit Kollegen Steindl überflüssig war –, daß die Berufsausbildung in Österreich eine sehr gute ist! (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Die Studentenzahlen nehmen zu, die Lehrlingszahlen nehmen ab. Die Zahl der Lehrstellen wird sowieso geringer, und im Jahr 2001, meine sehr geehrten Damen und


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