Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 152

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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Drittens: Die ÖVP ist überzeugt davon, daß wir neue Erfordernisse in der betrieblichen Ausbildung zu erfüllen haben. Es muß Lehrlinge selbstverständlich auch in neuen Berufssparten geben. In diesem Punkt gebe ich Herrn Öllinger recht. Aber diese neuen Berufssparten befinden sich nicht nur im staatlichen Bereich, sondern es sind auch im privaten Bereich genügend zu finden.

Viertens und letztens: Die Kostenbelastung ist schon mehrmals aufgezeigt worden. Wir sind selbstverständlich dafür, daß Entlastungen gewährt werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir müssen die Unternehmer von dem Gefühl befreien, daß die Berufsausbildung auf ihrem Rücken ausgetragen wird. Dann werden wir in Zukunft auch für diese Ausbildung aufgeschlossene Unternehmer in genügender Zahl zur Verfügung haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. – Er hat das Wort.

21.01

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Bei meinen Vorrednern von den Regierungsparteien hat man jetzt das Gefühl gehabt, daß lauter Oppositionsangehörige reden. Man hat den Eindruck, daß sie unzählige Ideen haben und nur darauf warten, endlich an die Regierung zu kommen, um diese verwirklichen zu können. Dabei sitzen die einen bereits seit einem Jahrzehnt und die anderen noch viel länger hier und hätten in Wahrheit längst schon alles verwirklichen können, wenn sie es nur ernst meinten und wirklich wollten! (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Ich weiß im Unterschied zu anderen wenigstens, wovon die Rede ist, wenn es um die Lehrlinge geht. Ich habe am 7. September 1947 bei Siemens zu lernen begonnen und im März 1950 nach Ablegung der Facharbeiterprüfung die Lehre beendet. Ich habe damals einen wöchentlichen Bezug gehabt, den man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann. Damals war der Schilling allerdings mehr wert als heute. Ich habe pro Woche am Anfang 8 S verdient. Dieser Bezug wurde nach einiger Zeit auf 10 S und dann auf 12 S erhöht, und ich war stolz wie ein Pfau. Ich war stolz wie ein Pfau über dieses selbstverdiente Geld.

Ich habe den Eindruck, daß sich die Probleme, die wir damals gehabt haben, bis zum heutigen Tag nicht wirklich wesentlich geändert haben. Es ist darum gegangen, eine "gute Lehre" – das war damals eine Art Fachausdruck – zu finden. Wenn jemand einen Vater gehabt hat, der sich um einen angenommen hat – und mein Vater hat das getan –, so wurde er an der Hand genommen, und man ist miteinander eine Lehre suchen gegangen. Heute ist es wieder so wie damals: Eine "gute Lehre" zu finden ist schwierig, es ist überhaupt schwierig, eine Lehre zu finden.

Ich glaube, man macht es mitunter denen, die Lehrlinge aufnehmen könnten und auch aufnehmen wollen, zu schwer. Es ist auf den ersten Blick sehr unbequem, diesen Schritt wirklich zu tun. – Ich habe vor einiger Zeit überlegt, in meiner Kanzlei einen Bürolehrling aufzunehmen. Es kam dann jedoch nicht dazu, weil mir meine Frau gesagt hat: In einem solchen Fall brauchst du jemanden, der eine Prüfung abgelegt hat, die ihn dazu berechtigt, einen Lehrling auszubilden. – Daher frage ich Sie: Wer unternimmt es schon in einem kleineren Bereich, sich einer Ausbildung und einer Prüfung zu unterziehen, nur um Lehrlinge beschäftigen zu können? Bei aller Qualität der Ausbildung, die damit vielleicht gewonnen werden mag, wenn man diese Voraussetzung verlangt, gebe ich zu bedenken, daß auf diese Weise viele, viele Tausend möglicher Lehrstellen verhindert werden.

Wenn man heute, im Gegensatz zur Situation von vor einigen Jahren, viel weniger Lehrstellen hat als Lehrlinge, dann darf man nicht dirigistische Maßnahmen ergreifen, sondern muß Erleichterungen schaffen, daß Lehrlinge beschäftigt werden. Man muß den Lehrlingen und auch den Lehrherren – ein alter, aber zutreffender Ausdruck – helfen.

Die Lehrlinge sind stolzer, als die, die das nie gewesen sind, glauben. Die Lehrlinge wollen die Lehre und die Schulausbildung und auch die damit im Zusammenhang stehende Prüfung als


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