Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 151

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Ausbildung zurückzuführen. Ich glaube, es muß hier auch einmal festgestellt werden, daß auch immer Verunglimpfungen der Lehrlinge stattgefunden haben. Diese Haltung wurde in dauerndem Wiederkäuen in der Öffentlichkeit weitergegeben.

So eindeutig wie bei diesen Verunglimpfungen, meine sehr verehrten Damen, verhielt man sich aber hinsichtlich der Ausbildung nicht. Einerseits kritisierte man immer die betriebliche Ausbildung. Man führte längere Berufsschulzeiten ein, war aber dann nicht mehr bereit, als die Kosten zu hoch wurden, dies in den staatlichen und halbstaatlichen industriellen Betrieben, in denen es eine Vielzahl von Ausbildungsplätzen gegeben hat, auch tatsächlich umzusetzen. Ich sage Ihnen: Die Unternehmer haben die Jugendlichen nicht im Stich gelassen, was von falschen Propheten so oft behauptet wurde. Ich habe mich anhand der Zahlen in Salzburg vom September dieses Jahres persönlich davon überzeugt, daß es sich hiebei um Daten handelt, die eindeutig beweisen, daß wir mehr Lehrlinge im ersten Lehrjahr haben, als wir früher gehabt haben. Ich bitte Sie: Vollziehen Sie das nach und stellen Sie in der Öffentlichkeit nicht immer andere Daten und Fakten dar! (Beifall bei der ÖVP.)

Wer sich diese grundsätzlichen Bemerkungen zu Gemüte führt und dann noch einen Ausbildungsfonds fordert, befindet am Gipfel der Ahnungslosigkeit oder der Unkenntnis. Er braucht Nachhilfe in sozialer Marktwirtschaft. Gott sei Dank scheint aber doch die Vernunft zu siegen. Ein Fonds, der bereits – das können Sie auch nachvollziehen – im Rahmen des 7. ÖGB-Kongresses 1972 gefordert wurde, wird jetzt nicht eingerichtet. Das ist sicherlich eine veraltete Forderung, ich möchte fast sagen, die Forderung einer nach rückwärts schauenden Partei.

Etwas möchte ich aber trotzdem hier klar und deutlich zum Fonds sagen: Was hätte man sich von einem Fonds versprechen können, der eine Ausbildung fördert, die über den eigenen Bedarf hinausgeht? Was hätten wir von einem Fonds, der nur für die Betriebe da ist, die eine höhere Ausbildungsqualität anbieten? Sie wissen ganz genau, daß in den Erläuterten Bemerkungen steht, daß es sich hiebei nur um Lehrwerkstätten handelt. Was bezwecken Sie ehrlicherweise – die Grünen wie die SPÖ – mit diesem Vorhaben? Sie wollen meiner Meinung nach damit nichts anderes als eine gelenkte staatliche Ausbildung erreichen. – Wir können dazu sagen: Wir stehen zu einem dualen Ausbildungssystem, und diese Abkoppelung der Lehrlingsausbildung vom Arbeitsmarkt findet für uns nicht statt. Das ist ein gesellschaftliches Problem, das ich hier gerne zur Diskussion stelle.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die ÖVP geht einen anderen Weg. Ich möchte nur vier Punkte aufzählen, die die Richtung verdeutlichen, in die wir gehen:

Erstens: Das Ziel aller Reformmaßnahmen muß die Erhöhung der Attraktivität der Lehrlingsausbildung sein – sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer, in diesem Fall den Lehrling. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Zweitens fordern wir von der ÖVP die Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Es wurde einiges davon schon erwähnt.

Lassen Sie mich aber ergänzend zum ersten Punkt noch etwas feststellen. (Abg. Koppler: Lehrling ist gleich Kostenfaktor!) Darüber werde ich noch sprechen! – Lassen Sie mich eines noch feststellen: Einen weiteren Irrweg, den wir jetzt zu gehen drohen, dürfen wir auch nicht beschreiten, nämlich daß wir Lehrlinge, die keine Lehrstelle bekommen, als nicht gesellschaftsfähig betrachten. Wir haben die Anlehre genauso zu fördern, und wir haben zu prüfen, welche Möglichkeiten wir für unsere Jugendlichen in der Anlehre schaffen können. Es handelt sich hiebei nicht um aus der Gesellschaft ausgeschlossene Menschen. Sie brauchen kein zehntes Schuljahr, sondern man muß klarstellen, daß sie dort glücklich werden können, wo Möglichkeiten für sie bestehen, etwa als Hilfsarbeiter im Baugewerbe, als Taxifahrer oder als Schankbursch im Gastgewerbe. Nehmen wir uns auch dieser Menschen an! Schaffen wir für sie auch die entsprechenden Möglichkeiten! Wir haben sie! (Beifall bei der ÖVP.) Ich gebe Ihnen gerne eine Liste aller Anlernberufe, damit Sie all diese Anlernberufe diesen Menschen zur Verfügung stellen können!


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