Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 150

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lese Ihnen jetzt vor, was Ihren sozialistischen "Kinderfreunden" zum Lehrling einfällt: – Meinungskarte zwei: Es gibt viele Nazis in Österreich, und das finde ich gut. Denn die Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze und die Wohnungen weg. Wir sollen auch noch spenden für die Ausländer. Aber wenn es einem Österreicher schlechtgeht, dann hilft ihm niemand. Privat habe ich und will ich keinen Kontakt mit Ausländern haben. – Siegfried, 15 Jahre, Lehrling.

Herr Kollege Riepl! Sie sollten in Ihren eigenen Reihen etwas dagegen tun, daß die Lehrlinge wirklich auf das mieseste diffamiert werden! Da hätten Sie einiges zu tun. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ sowie des Abg. Mag. Barmüller. )

Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Selbstverständlich gibt es in diesem Hohen Haus, wie ich meine, einen Konsens darüber, daß wir uns alle mit den Fragen der Lehrlinge zu beschäftigen haben, denn diese Problematik muß uns wirklich alle beschäftigen. Wir stehen nämlich, entgegen allen internationalen Statistiken, vor der Problematik, Herr Kollege, daß wir seit 1979 um 40 Prozent weniger Lehrlinge haben, daß wir seit zwei oder drei Jahren erstmals noch weniger Lehrstellen haben als Lehrstellensuchende. Der Gerichtspräsident des Jugendgerichtshofs, Jesionek, der Ihrer Partei nahestehen soll, hat sich auch sehr eindeutig geäußert, als es um die Jugendkriminalität gegangen ist, Herr Kollege Riepl, die in den letzten fünf Jahren um 40 Prozent angestiegen ist. Jesionek hat gemeint: Wenn sich der Lehrstellenmangel der Zukunft weiter so gestaltet, ist das eine Zeitbombe für unsere Gesellschaft. (Zwischenruf des Abg. Riepl. )

Herr Kollege Riepl! Hören Sie jetzt wirklich mit diesem Berufsschullehrer auf! Es geht hier um die Sachen der Lehrlinge und nicht um Ihre Parteipropaganda. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Kümmern Sie sich endlich – so wie viele andere, wie etwa ihr Kollege Koppler – um die Anliegen der Lehrlinge – damit hätten Sie genug zu tun –, und hören Sie auf mit dieser Parteipropaganda! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Puttinger. Er hat das Wort.

20.53

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zu Beginn möchte ich einige grundsätzliche Punkte zu der beruflichen Bildung erwähnen. Zuerst möchte ich gleich vorweg ein Bekenntnis zum dualen Ausbildungssystem ablegen, wie es fast alle Vorredner hier an diesem Pult getan haben.

Aus dem Bericht 1995 geht hervor – und das sollte man hier eindeutig festhalten –, daß die Arbeitslosigkeit in all jenen Staaten, die ein duales Ausbildungssystem haben, nämlich die Schweiz, Dänemark, Deutschland, Österreich, gerade bei den Jugendlichen die geringste ist. Ich glaube, wir haben daher das duale Ausbildungssystem letzten Endes zu verteidigen und klarzustellen, daß dieses System in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage das beste ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zweitens möchte ich feststellen, daß sich die Unternehmen in Österreich von den jahrzehntelangen Bemühungen der Verfechter der sozialistischen Doktrin, die eine heile Welt außerhalb der praxisnahen Ausbildung zu vermitteln versuchten, nicht beirren ließen. Es war Kreisky-Politik, so viele Jugendliche wie möglich in weiterführende Schulen zu bringen, die in vielen Fällen das Manko aufweisen, weitab von irgendeiner beruflichen Praxis auszubilden. Eine Konsequenz dieser Überlegungen war es, so viele Jugendliche wie möglich in Hochschulen und Universitäten hineinzustopfen. – Das Ergebnis kennen wir. Wir wissen, daß wir ein nicht befriedigbares Überangebot in manchen Berufszweigen haben. (Zwischenruf des Abg. Schwemlein .) Sie werden doch Ihrem Parteivorsitzenden recht geben, der das immer gepredigt hat! Oder sind Sie anderer Meinung? Sie werden sich doch dazu bekennen! Oder wollen Sie das leugnen? Das kann ich mir nicht vorstellen!

Drittens: Das sukzessive Sinken der Lehrlingszahlen auf unter 50 Prozent – wir liegen derzeit bei 47 Prozent – ist aber nicht nur auf die gesellschaftspolitische Höherstellung der schulischen


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