Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 43. Sitzung / Seite 16

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Wir haben in Österreich und auch auf EU-Ebene eine sehr eigenartige Entwicklung, wodurch wir im Bereich der Beschäftigungspolitik mit einer Verwechslung von Zielen einerseits und Instrumenten andererseits konfrontiert sind.

Es wird in Diskussionen oft so getan, als ob gewisse Instrumente schon für sich allein positiv sind, ohne zu schauen, wie sie denn dann tatsächlich wirken. Ich möchte ein konkretes Beispiel geben: das berühmte Stichwort Flexibilität. Natürlich kann Flexibilisierung unter manchen Aspekten positiv sein, aber man muß ganz deutlich sagen: Als Instrument der Beschäftigungspolitik wird sie maßlos überschätzt.

Es gibt in Europa kaum ein Land mit einem flexibleren Arbeitsmarkt als Spanien, Spanien hat alles gemacht, was man ihm aufgetragen hat. Ergebnis: Arbeitslosenrate 24 Prozent, Jugendarbeitslosenrate 35 Prozent.

Oder England, das Land, das hier von manchen Neoliberalen als Musterland gesehen wird: Arbeitslosenrate 8,2 Prozent, Jugendarbeitslosenrate 18,1 Prozent. – Also ich glaube, das alles sind keine schlagenden Beweise für die Vorzüge einer unbegrenzten Flexibilität, wie sie uns von manchen Seiten immer nahegelegt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich jetzt unter diesem pragmatischen Ansatz Beschäftigungsfragen ansieht, ergibt sich für uns Sozialdemokraten vor allem die Priorität im Bereich des Kampfes gegen die Jugendarbeitslosigkeit, das heißt, der Sicherung von Lehrstellen.

Wir haben heuer und auch im nächsten Jahr starke junge Jahrgänge, die auf den Arbeitsmarkt kommen. Natürlich ergibt sich daraus auch ein zusätzliches Problem, wir werden aber alles daran setzen, es zu lösen.

Ich möchte hier sehr deutlich sagen: Wir Sozialdemokraten stehen zum System der dualen Ausbildung. Es ist uns klar, daß dieses System der dualen Ausbildung nur funktioniert, wenn auch die Unternehmer, die ja einen wichtigen Teil dieser Ausbildung tragen, mitmachen, und sie werden nur dann mitmachen – auch das ist uns klar –, wenn es in ihrem Interesse ist.

Genau unter diesem Aspekt ist es, glaube ich, auch sinnvoll, einen Interessenausgleich zwischen den Unternehmen, die Lehrlinge ausbilden und jenen Unternehmen, die keine Lehrlinge ausbilden, die jedoch später natürlich auch Arbeitskräfte qualifizierter Art haben wollen, herzustellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher treten wir für einen Lastenausgleich, wie er ja vereinbart wurde, ein, und wir erwarten, daß diese Vereinbarung auch hält. (Abg. Böhacker: Mit wem habt ihr das vereinbart?) Mit den Sozialpartnern, die ja dafür zuständig sind. Sie sind sicherlich nicht dafür zuständig, weil Sie haben für Beschäftigung nichts geleistet. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Beschäftigung wird im Unternehmer- und Sozialpartnerbereich geleistet.

Ein zweiter Bereich, von dem ich hoffe, daß er für Sie interessant ist und wo ich hoffe, daß Sie auch mitwirken, ist der Bereich Ausbildungsplätze. (Abg. Böhacker: Dürfen wir keine Lehrlinge ausbilden?) Aber selbstverständlich! Je mehr, desto besser! Deshalb wollen wir ja auch im Bereich der Ausbildungsplätze zusätzliche Hilfen geben. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wie viele Ausbildungsplätze haben Sie schon geschaffen?)

Wir haben im Bereich der Lehrwerkstätten nicht ausgelastete Kapazitäten, wir haben auch in anderen Bereichen nicht ausgelastete Kapazitäten. Das Arbeitsmarktservice hat sich bereit erklärt, 600 Millionen Schilling bereitzustellen, um zusätzliche Lehrplätze im Bereich der anderen Sektoren zu finanzieren.

Ich möchte hier sehr deutlich sagen: Wir als österreichisches Parlament können heute den jungen Menschen die Sicherheit geben, daß wir für junge Menschen, die als Schulabgänger mit 15 Jahren die Schule verlassen, eine Ausbildungsgarantie in dem Sinne leisten können, daß wir sagen, von ihnen wird niemand länger als sechs Monate entweder ohne einen Lehrplatz oder


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