Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 43. Sitzung / Seite 93

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Jetzt liegt es an Ihnen, meine Damen und Herren von der ÖVP. Wir sind es den österreichischen KonsumentInnen und als Tourismusland – darauf legen Sie ja immer so besonders viel Wert – auch unseren Gästen schuldig, jede, auch nur die kleinste Unsicherheit bezüglich gentechnischer Anwendung bei Inverkehrbringen von Lebensmitteln auszuschließen. Sollte aber die ÖVP heute ihren Entschließungsantrag einbringen und damit weiter verzögern, was wir wichtig und richtig finden, dann werden auch wir einen Entschließungsantrag einbringen, und wir sind sicher, dafür eine Mehrheit zu finden.

Es liegt also jetzt bei Ihnen, meine Damen und Herren KollegInnen von der ÖVP. Die Frau Bundesminister hat nicht die Absicht, sich einer so wichtigen Entscheidung zu entziehen. Bleiben wir doch lieber der Sand im Getriebe der Gentechniklobby, wie vielfach von uns behauptet wird. Die Österreicher erwarten das von uns, und es ist wichtig und richtig, daß wir uns so verhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

16.24

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schuster. – Bitte.

16.24

Abgeordneter Johann Schuster (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Der vorliegende Brief ist mit 29. September dieses Jahres datiert. Der österreichische Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie schreibt an die Kommissarin, die in Brüssel dafür zuständig ist, Ritt Bjerregaard – ich zitiere aus diesem Brief –:

Äußerst bedenklich erscheint mir der unkontrollierte und ungekennzeichnete Sojaimport – dies auch im Hinblick auf die Vermittlungsgespräche, die mit dem Europäischen Parlament bezüglich der Novel-Food-Verordnung und hier wieder insbesondere bezüglich der Kennzeichnungspflichten bevorstehen. Es wäre doch im höchsten Maße unverantwortlich, würde der EU-Markt gerade jetzt und damit unmittelbar vor einer Neuregelung der Kennzeichnungspflichten, zumindest für Nahrungsmittel, mit ungekennzeichneten gentechnisch veränderten Produkten überschwemmt. – Zitatende.

Das war am 29. September, bevor es eine Dringliche Anfrage der grünen Abgeordneten in diesem Hause gab und bevor meine Vorrednerin meinte, daß die Sozialdemokraten alles mögliche getan haben und die Volkspartei hier auf der Bremse steht.

Meine Damen und Herren! Faktum ist: Die Europäische Volkspartei hat Anträge gestellt, diesen Anträgen sind die Sozialisten im Europäischen Parlament beigetreten. Die Anträge haben eine Mehrheit gefunden. Der Rat wurde damit gezwungen, diese Thematik in den Vermittlungsausschuß zu tragen, sie dort zu diskutieren und eine neue Formulierung zu finden, nämlich: eine lückenlose Kennzeichnung aller genbehandelten Lebensmittel. – Meine Damen und Herren, das ist ein Faktum! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Leiner: Frau Reitsamer, wieso sagen Sie das nicht?)

Hohes Haus! Keine Technologie bewegt die Öffentlichkeit so massiv und gleichzeitig so nachhaltig wie die Gentechnologie. Selbst die friedliche Nutzung der Atomenergie tritt zurück, wenn es um Gentechnologie geht – nicht nur, weil es hierbei um Möglichkeiten zur Veränderung alles Lebenden geht, sondern weil diese Materie so schwer zu durchblicken ist. Die Gentechnik selbst weckt die stärksten Emotionen in der ganzen Bandbreite von tiefsten Ängsten, meine Damen und Herren, bis hin zu großen Erwartungen.

Es ist nicht anders zu erwarten, geht es hier doch um Eingriffe in die subtilsten Lebenssteuerungen, um bewußte und gezielte Einflußnahme auf die Erbmasse, um Weichenstellungen für alle nachfolgenden Generationen. Speziell ethische Fragen stellen sich bei der Anwendung der Gentechnologie im Humanbereich, wenn zum Beispiel Voraussetzungen für Experimente in den Frühstadien menschlichen Lebens geschaffen werden, wenn zum Beispiel zur Feststellung von Krankheitsgefährdungen und verdeckten erblichen Belastungen Analysen angewendet werden.


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