Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 48

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

national diskutieren können. Aber es gibt diese Diskussion auch auf europäischer Ebene, und ich glaube, das ist eine wichtige Diskussion. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Auch aus der Wifo-Studie ist erkennbar, daß Verteilungspolitik durch staatliche Ausgabenpolitik, dabei vor allem durch soziale Transfers erfolgt. Wenn von manchen in der derzeit stattfindenden Spardiskussion die Meinung vertreten wird, daß im Sparen das alleinige Mittel zur Lösung von Budget- und Finanzierungsproblemen liegt, so meine ich, daß dies nicht nur falsch, sondern gesellschafts- und sozialpolitisch unvertretbar und verteilungspolitisch kontraproduktiv ist. Denn genau beim Sparen treffen wir jene, die es am wenigsten verkraften. Wir müssen uns daher ganz genau überlegen, wo Leistungen bei öffentlichen Ausgaben zurückgenommen werden und wer davon betroffen ist. Denn getroffen werden dann in erster Linie Personengruppen, bei denen staatliche Transferleistungen einen wesentlichen Teil des Einkommens ausmachen und die sich nur mit deren Hilfe über oder an der Armutsgrenze halten können.

Eine Staffelung von Sozialtransfers nach Einkommenshöhe ist trotzdem ein Gebot der Stunde bei der zu diskutierenden Reform der Sozialleistungen. Die Gestaltung der Familienförderung wird eine Nagelprobe dafür sein, wie ernst es manche mit einer staatlichen Ausgabenpolitik meinen, die sich um die Schwachen in unserem Land kümmert. Für mich ist unvorstellbar, daß es dabei zu einer weiteren Umverteilung von unten nach oben kommt.

Für die weitere politische Diskussion und Erarbeitung von Konzepten sind Schlußfolgerungen, die das Wifo gezogen hat, aus meiner Sicht doch sehr interessant und sollten eine wichtige Grundlage für unsere Diskussion sein.

So stellt das Wifo fest, daß im Schul- und Hochschulwesen, in der Wohnbauförderung, Kulturförderung, bei der Finanzierung der Staatsschuld, im Straßenverkehr, der Gesundheits- und Familienleistungen die oberen Einkommensschichten überproportional berücksichtigt werden, wogegen bei den Leistungen der Arbeitslosenversicherung, bei der Wohnbeihilfe, bei den anderen Fürsorgeleistungen, bei Sozialhilfe, Ausgleichszulage und auch Karenzurlaubsgeld die unteren Einkommensschichten stärker berücksichtigt werden. Ich meine, das ist in Zukunft wichtig, wenn wir politische Betrachtungen anstellen.

Lassen Sie mich noch wenige Bemerkungen für die weitere Diskussion machen. Ich glaube, wir sollten schauen, daß wir überall dort, wo wir es als sinnvoll und möglich erachten, im Sozialangebot Sachleistungen anbieten und nicht Geldleistungen. Ich bedaure es heute noch, daß es uns nicht gelungen ist, das Bundespflegegeld nicht in Form von Sachleistungen anzubieten, sondern daß nur Geldleistungen den politischen Konsens finden konnten. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube auch, sehr geschätzte Damen und Herren, daß bei der Überprüfung der Sozialtransfers, wo einkommensmäßige Staffelungen sozial- und verteilungspolitisch erwünscht sind, das als unverzichtbar erachtet werden muß, was auch der Herr Finanzminister heute gesagt hat: Es darf das Individualsteuersystem in keiner Weise gefährdet werden, und die Treffsicherheit muß erhöht werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich meine, auch die Verteilungsfrage darf nicht auf die Gruppe der unselbständig Erwerbstätigen reduziert werden. Es sind alle Bevölkerungsgruppen und insbesondere alle Einkommen aus Besitz und Vermögen und auch Erbschaften in diese Debatte mit einzubeziehen.

An die Adresse der Freiheitlichen: Kollege Böhacker, ich glaube, in der Verteilungsdebatte ist Ehrlichkeit gefordert. Weniger Umverteilung und mehr soziale Gerechtigkeit, das ist ein Spagat, den nicht einmal die "Begnadeten Körper" im Zirkuszelt schaffen, und ich glaube, daß auch die FPÖ diesen Spagat nicht schaffen kann. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen: Was haben Sie gegen die "Begnadeten Körper"?)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Herr Dr. Stummvoll hat "Mehr" und "Weniger" gegenübergestellt, ich denke, es wären auch mehr Arbeitsplätze und weniger Shareholder-Value-Politik gegenüberzustellen. (Beifall bei der SPÖ .)


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite