Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 47

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Ein Schlußsatz: Der Kirchenlehrer Augustinus hat den Satz geprägt: Was anderes sind Staaten, wenn ihnen Gerechtigkeit fehlt, als große Räuberbanden?

Herr Bundesminister! Sie sind zwar jetzt in eine Unterhaltung vertieft (Bundesminister Mag. Klima spricht mit Abgeordnetem Dr. Kostelka ), aber da Sie als Briefträger tätig waren und tätig sind, würde ich Sie ersuchen, diesen Satz in die Bundesregierung und in die Koalitionsparteien hineinzukolportieren. (Beifall bei den Grünen.)

11.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der vom Abgeordneten Öllinger vorgelesene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt; er wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hostasch zu Wort gemeldet. – Bitte, Sie haben das Wort. Redezeit: 20 Minuten.

11.13

Abgeordnete Eleonora Hostasch (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine aktive Verteilungspolitik durch die öffentlichen Haushalte ist eine sozial- und auch gesellschaftspolitische Notwendigkeit. Untersuchungen beweisen, daß Markteinkommen sich zunehmend ungleich verteilen, und insbesondere steigen Einkommen aus Besitz und Vermögen wesentlich stärker als Erwerbseinkommen. Besitz und Vermögen konzentrieren sich auch zunehmend auf weniger werdende reiche Bevölkerungsgruppen.

Wer in einer politischen und sozialen Stabilität am Zusammenhalt der Gesellschaft interessiert ist, wer verhindern will, daß Bevölkerungsgruppen an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden, muß sich für eine aktive Verteilungspolitik durch die öffentlichen Haushalte aussprechen.

Einige Überlegungen dazu: Die gestiegene Gewinnquote in der Einkommensverteilung hat kaum zu einem Anstieg der Realinvestitionen und damit zur Schaffung von Arbeitsplätzen geführt. Kollege Stummvoll ist zwar jetzt nicht im Saal, aber ich glaube, es ist eine ganz entscheidende Herausforderung, gerade da anzusetzen und zu schauen, was man tun kann, damit tatsächlich Arbeitsplätze geschaffen werden können. Es werden nämlich trotz Geldwertstabilität und niedrigen Zinsniveaus überwiegend Finanzinvestitionen und nicht Investitionen in die Realwirtschaft getätigt.

Da heute Weltspartag ist, möchte ich es vielleicht etwas pointiert formulieren: Es wird zu viel gespart, und die Möglichkeit zu sparen, ist höchst ungleich verteilt.

Die politische Antwort aus meiner Sicht darauf ist: Steigerung der Einnahmen des Staates und Reduzierung der öffentlichen Ausgaben bei den Bevölkerungsgruppen, die sich diese Einkommensausfälle ohne Auswirkung auf ihren Konsum auch leisten können. Ich denke, daß jene Maßnahmen, die wir in den Konsolidierungsprogrammen diskutiert und beschlossen haben, Schritte in die richtige Richtung gewesen sind.

Aus der Wifo-Studie ist erkennbar, daß das öffentliche Steuer- und Abgabewesen kaum verteilungspolitische Wirkungen zeigt. Die untersten Einkommensgruppen sind durch direkte und auch indirekte Steuern sowie durch öffentliche Abgaben prozentuell de facto genauso belastet wie die obersten Einkommensgruppen, und dies trotz optisch hoch erscheinender Spitzensätze.

Verteilungspolitisch bedenklich ist eine Entwicklung der Verlagerung der Steuer- und Abgabenlast weg von den Einkommens- und Gewinnsteuern hin zu den Sozialversicherungsbeiträgen und Abgaben und den indirekten Steuern.

Ich glaube, wir sind auch aufgefordert, sehr ernsthaft darüber nachzudenken, in welcher Form Umbasierungen bei den Bemessungsgrundlagen erfolgen können, in welcher Form wertschöpfungsbezogene Elemente in die Diskussion einzubringen sind, im Wissen, daß wir dies nicht nur


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