Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 95

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Hätte die Regierung die nötigen Maßnahmen rechtzeitig gesetzt, würde man vielleicht die Flagge der DDSG und somit die Fahne Österreichs weiter auf der Donau antreffen.

In der Regierungserklärung vom 18. Dezember 1990 wurde eine Teilung der DDSG in einen Güter- und Personenbereich als erforderlich erachtet. Die Personenschiffahrt sollte ohne Bundessubvention als gewinnorientiertes Tourismusunternehmen geführt werden, während der Frachtenbereich ab 1993 ohne Verlustabdeckung durch den Bund auskommen sollte.

Die Aufgabe der Muttergesellschaft war es nunmehr, die beiden Tochtergesellschaften so rasch wie möglich zu privatisieren. Die DDSG als Muttergesellschaft hat zwar damit den ihr vom Eigentümer erteilten Auftrag unter den gegebenen Umständen bestmöglich erfüllt, doch dieser eingeschlagene Weg lag sicher nicht im Interesse der Erhaltung der österreichischen Binnenschiffahrt. Mehrfach wurde heute das Schiff "Mozart" erwähnt, ein Dauerbrenner auch in den Medien. Zuwenig beachtet, meine Damen und Herren, wurde hingegen die Abstoßung dieses Verlustträgers.

Obwohl ein österreichischer Unternehmer bereit war, eine höhere Summe zu bezahlen (Abg. Dr. Khol : 140 Millionen Schilling!), wurde die "Mozart" einem deutschen Reeder überantwortet, der dieses Schiff sogar noch zwei Jahre lang probefahren durfte, bevor er zahlte, dann noch eine Mängelliste vorlegte, vom zuerst ausgehandelten Verkaufpreis von 120 Millionen Schilling einen weiteren Abschlag erzielte und zuletzt nur mehr 90 Millionen Schilling dafür bezahlte.

Die Aufgabe der Muttergesellschaft war es nunmehr, wie gesagt, die beiden Tochtergesellschaften raschestmöglich zu privatisieren. Die DDSG hat das im Fall der Personenschiffahrt unter den gegebenen Umständen bestmöglich erfüllt. Die Frachtschiffe jedoch wurden verschenkt statt verkauft.

Der gleiche Konzern, nämlich der Stinnes-Konzern, der 1989 noch bereit war, für 49 Prozent des Unternehmens 600 Millionen Schilling zu bezahlen, hat dann den Zuschlag bekommen, indem der österreichische Staat noch 1,6 Milliarden Schilling dazu gelegt hat – und das nur für die DDSG-Cargo!

So wie heute die Produktionsmaschinen von Semperit wegen niedrigerer Produktionskosten nach Tschechien verlagert werden, hat der Stinnes-Konzern, Geschenksempfänger der DDSG-Cargo, mit der Ausflaggung der Schiffe in den ehemaligen COMECON, um mit wesentlich billigerem nautischen Personal preisgünstiger operieren zu können, denselben Zweck erreicht. In beiden Fällen sind österreichische Arbeitsplätze verlorengegangen.

Erwähnenswert scheint mir noch – und das hat keiner meiner Vorredner bis jetzt erwähnt –, daß ein ehemaliger DDSG-Mitarbeiter, offensichtlich im Bestreben, die Rolle eines "Wirtschaftskapitäns" zu übernehmen, nicht nur die fragwürdige Privatisierung der DDSG-Cargo in Form einer Schenkung an den Stinnes-Konzern verantwortet hat, sondern auch das negative Verkaufsergebnis. Aber all das ist Schnee von gestern. Viel wichtiger ist es jetzt, die Zukunft des DDSG-Überbleibsels zu betrachten.

Meine Damen und Herren, da ist noch einmal Aufmerksamkeit gefordert. Mit Ausschreibung vom 2. August 1996 wurde die Nachfolge des Alleinvorstandes ausgeschrieben. Wir haben noch alte Ländenrechte und ein altes Bürogebäude, und dafür sind noch zwölf Leute zuständig! Wir brauchen jetzt angeblich sogar einen Alleinvorstand! Der Ausschreibung entsprechend hat dieser das Unternehmenskonzept zu verwirklichen, ohne damit eine auf lange Zeit haltbare Existenzbasis zu schaffen.

Ich würde daher den Aufsichtsrat der DDSG ersuchen, über die kaufmännische Sinnhaftigkeit dieses Unternehmenskonzeptes nachzudenken, bevor über den Nachfolger des Vorstandes bei der Aufsichtsratssitzung am 6. November – jetzt, in wenigen Tagen! – entschieden werden soll.

Es stellt sich daher die Frage: Wurde die DDSG durch das langjährige Schauspiel der nicht erfolgten Privatisierung und der halbherzigen Lösungen saniert, privatisiert oder sogar ruiniert? (Beifall bei der ÖVP.)

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