Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 149

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Was mir Sorge macht und was uns politischer Orientierungs- und Animationsauftrag sein muß, ist, daß der Anteil der Frauen bei den postgradualen Angeboten nur zwischen 25 und 35 Prozent beträgt, bei jenen Bildungsangeboten, wo gerade die Weichen für Karrierechancen, Einkommensvorstellungen, Lebensplanungsentwürfe gestellt werden und wo künftig über Orientierung, mit Information und Aufklärung noch viel Arbeit geleistet werden muß. Wenn wir lebenslanges Lernen ernst nehmen, dann müssen wir bereits nach dem ersten Studienabschluß damit beginnen.

Kollege Posch hat auch ein Problem angesprochen, nämlich das Nichtgreifen oder nur zaghafte Fruchtbarwerden der Frauenförderung an den Universitäten. Im Bericht wurde sehr schön gesagt, daß das Universitätsleben sich noch immer an der männlichen Erwerbsbiographie orientiert, und die flexible Lebensgestaltung, die Frauen leben (müssen) – in Klammern – oder wollen, findet weder im Pensionsrecht noch im Dienstrecht noch sonstwo Berücksichtigung. Wir müssen einen interministeriellen Dialog aufbauen, um diese Barrikaden abzubauen.

Kleines Aperçu dazu, es gibt auch ganz manifeste Behinderungen. Fragen Sie vor allem an der Hochschule für angewandte Kunst, was dort gerade bei der Listenerstellung wieder gegen Frauen passiert ist. So kann es sicher nicht weitergehen.

Handlungsbedarf lese ich auch aus dem Bericht in bezug auf Fachhochschulen heraus. Sie sind ein erfreulicher Sektor, ein neues Angebot in der Bildungslandschaft. Frauen greifen, wenn Sie so wollen, nicht in genügendem Maße so zu, wie wir uns das wünschen. Das liegt natürlich am inhaltlichen Angebot. Es liegt aber auch daran, daß wir den Fachhochschulentwicklungsplan erst erfüllen müssen und im Bereich der Pflege, bei den humanitären sozialwissenschaftlichen Bereichen noch Anbotsbedarf haben. Ich hoffe, wir kommen auch da bald ein Stück weiter.

Es gilt aber auch, Frauen auf die jetzigen Angebote viel stärker hinzuweisen. Wenn der Herr Minister zuvor gemeint hat, es gehe nur gemeinsam, zu einer besseren Orientierung und Information zu kommen, dann muß ich sagen, ich bin sehr froh, daß zum Beispiel Ministerin Gehrer angesichts der besorgniserregenden Situation, was das Lehramtsstudium betrifft, Maturantinnen und Maturanten geschrieben und sie darauf aufmerksam gemacht hat, wie lange sie nach Abschluß eines Lehramtsstudiums auf eine Anstellung zu warten hätten. Das ist eine ganz manifeste und brauchbare Hilfe bei der Studien- und Berufsentscheidung.

Ebenso bin ich sehr froh, daß der Bericht den Bereich Akademiker und Arbeitsmarkt anspricht. Er gibt Aufschluß darüber, daß es keine Sünde erster Art ist, wenn sich im Bereich des akademischen Studiums die Gremien Gedanken machen, welche Chancen ihre Abgänger auf dem Arbeitsmarkt haben. Das ist kein Sich-an-den-Hals-Werfen und Anbiedern an böse wirtschaftliche Wegelagerer und ausbeutende Unwesen und Unholde, sondern das ist Erziehung zum praktischen Leben und nicht Orientierung bloß auf Wissenschaft hin. (Beifall bei der ÖVP.)

Ohne daß wir im neuen, hoffentlich bald zu verabschiedenden UNIStG das Ziel und den Zweck von Universitätsstudien verraten – es bleibt bei der Berufsvor bildung –, darf diese Berufsvorbildung ernst genommen werden.

Ich komme auch schon zum Schluß und meine, daß in dem schon zitierten Hochschulbericht eine breite Basis für gute Arbeit enthalten ist, daß wir gut daran tun, die Autonomie an den Universitäten, vor allem auf finanzieller Ebene, zu verstärken, die staatliche Zentralverwaltung von Lehre und Forschung stärker zu entkoppeln, die Zusammenarbeit zwischen Uni, Industrie und Wirtschaft zu verstärken und nicht Forschungsergebnisse bloß dem Zufall zu überlassen, rasch ein neues Universitätsstudiengesetz zu verabschieden, die Kommunikation in den Universitäten und untereinander zu verbessern, um eine Profilbildung zu erreichen, ein Studienkostenbeteiligungsmodell zu erarbeiten und die Fachhochschulen zur Entlastung der Unis auszubauen, damit wir nicht, wie das Universitätskuratoriumsmitglied Universitätsprofessor Jürgen Mittelstraß sagt, an einer bösen Krankheit laborieren.

Der Wissenschaftstheoretiker und Philosoph meint, die Massenuniversitäten sind konturenarme Betriebe, die unter Elefantitis leiden und in denen Durchschnittlichkeit und Arbeitslosigkeit produziert werden oder zumindest drohen.


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